PALLIATIVMEDIZIN
Die Palliativmedizin ist dann wichtig, wenn die Erkrankung so weit fortgeschritten ist, dass sie nicht mehr heilbar ist. In diesem Fall kann die lindernde (palliative) Behandlung für die Betroffenen noch sehr viel tun, damit es ihnen in der ihnen verbleibenden Lebenszeit gutgeht.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Palliativmedizin?
- Hintergründe der Palliativmedizin
- Palliativmedizin: Was sind ihre Ziele?
- Palliativversorgung in einem Hospiz
- Palliativmedizin bei körperlichen Symptomen
- Palliativmedizin bedeutet Geborgenheit bis zuletzt
- Palliativmedizin: Sterbebegleitung und Trauerbeistand
- Palliativmedizin bei Kindern und Jugendlichen
- Patientenverfügung, Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht
- Weitere Informationen
- Benötigen Sie Hilfe?
Was ist Palliativmedizin?
Aufgabe der Palliativmedizin ist es, das Leben und die Lebensqualität von Krebserkrankten möglichst lange zu erhalten.
In Deutschland erkranken immer mehr Menschen an Krebs. Das Robert Koch-Institut in Berlin schätzt die Zahl der Neuerkrankungen aktuell auf rund 500.000 pro Jahr. Dank der Fortschritte in der Krebsforschung und -medizin kann heute die Hälfte der Betroffenen dauerhaft geheilt werden. Nach wie vor erleiden aber viele Krebspatienten im Laufe ihrer Krankheit Rückfälle und müssen mit Komplikationen fertig werden. Oft müssen sie dann auch erfahren, dass ihre Krankheit nicht mehr zu heilen ist. In dieser Situation werden die behandelnden Ärzte in Absprache mit dem Kranken alles tun, um sein Leben so lange wie möglich zu erhalten und ihm hierbei gleichzeitig seine Lebensqualität auf möglichst hohem Niveau zu bewahren.
Jeder Betroffene, der sich so unabwendbar der Endlichkeit seines Lebens gegenübersieht, wird den Wunsch haben, die letzten Wochen und Monate bei möglichst geringen Beschwerden so gut wie möglich gestalten und die ihm wichtigen Dinge erledigen zu können. Dabei wird er ebenso von seinen Angehörigen unterstützt wie von den behandelnden Ärzten, die für diese Aufgabe sehr viel Erfahrung benötigen. Ärzte und nicht-ärztliche Mitarbeiter, die in der Palliativmedizin oder in Hospizdiensten tätig sind, besitzen diese Erfahrung in besonderem Maße.
Es hat sich gezeigt, dass die möglichst frühzeitige Einbeziehung der Palliativmedizin in das Behandlungskonzept gegen die Tumorerkrankung (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, sonstige therapeutische Verfahren) für den Betroffenen in zweifacher Hinsicht wichtig sein kann. Zum einen haben Studien gezeigt, dass sich bei den Patienten, die onkologisch und begleitend palliativmedizinisch behandelt werden, die Lebensqualität und das Wohlbefinden deutlich verbessern. Zum anderen kann es gelingen, dass Betroffene länger überleben, obwohl sie mit einer maßvolleren palliativen Chemotherapie- oder Strahlentherapie behandelt wurden.
In den letzten Jahren haben sich sowohl die stationäre als auch die ambulante allgemeine und spezialisierte Palliativversorgung in Deutschland weiter ausgebreitet. Dadurch wird dem häufig geäußerten Wunsch vieler Patienten nachgekommen, die letzte Zeit des Lebens in den eigenen vier Wänden und umgeben von den Angehörigen zu verbringen.
Hintergründe der Palliativmedizin
Das Wort Palliativmedizin hat seinen Ursprung im Lateinischen: pallium heißt Mantel, und wie ein Mantel sollen alle Maßnahmen der Palliativmedizin den Schwerstkranken schützend umhüllen.
Wissenschaftlicher formuliert es die Weltgesundheitsorganisation (WHO): Palliativmedizin ist die „aktive und ganzheitliche Behandlung von Patienten, die an einer fortschreitenden Erkrankung mit einer begrenzten Lebenserwartung leiden. Hierbei besitzt die Beherrschung von Krankheitsbeschwerden und die psychologische, soziale und auch seelsorgerische Betreuung höchste Priorität.”
Diese Definition aus dem Jahre 1990 wurde von der WHO 2002 wie folgt angepasst: Palliativmedizin ist auch „ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Angehörigen, die mit Problemen konfrontiert sind, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen, und zwar durch Vorbeugen und Lindern von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen, Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen belastenden Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.”
Aus der Definition der Palliativmedizin ist ersichtlich, dass sich Palliativmedizin nicht prinzipiell auf Menschen mit einer Tumorerkrankung begrenzen lässt. Gleichwohl leiden die meisten Betroffenen, die zurzeit in Deutschland palliativmedizinisch behandelt werden müssen, an Krebs. Neben dem Begriff Palliativmedizin ist Ihnen in diesem Zusammenhang vielleicht auch mal die Bezeichnung palliative Therapie begegnet.
Unter palliativer Therapie wird die tumorspezifische Behandlung (palliative Chemotherapie, Immuntherapie oder Therapie mit zielgerichteten Medikamenten, Strahlentherapie oder auch Operation) in der Palliativsituation verstanden, das heißt in einer Situation, in der eine Heilung mehr nicht möglich ist.
Im internationalen Vergleich lag Deutschland lange Zeit im Hintertreffen, was palliativmedizinische Angebote betraf. Noch Anfang der achtziger Jahre war die Palliativmedizin hierzulande ein Tabuthema. 1983 gab die Deutsche Krebshilfe den Anstoß dazu, diese Lücke in der Versorgung von Krebskranken zu schließen: Sie gründete in Köln die erste Palliativstation Deutschlands und förderte anschließend den Aufbau zahlreicher weiterer Stationen und Hospize in ganz Deutschland.
Mit der Einrichtung von Akademien für Palliativmedizin, Professuren sowie mit der Förderung von Forschungsprojekten auf diesem Gebiet hat die Deutsche Krebshilfe maßgeblich den Weg zu einer flächendeckenden Palliativversorgung in Deutschland geebnet. Um dieses Ziel zu erreichen, hat auch die Gesundheitspolitik inzwischen reagiert: mit dem im Jahr 2015 verabschiedeten Hospiz- und Palliativgesetz sowie mit der im Oktober 2016 erfolgten Unterzeichnung einer nationalen Strategie für die Versorgung von schwerstkranken und sterbenden Menschen.
Palliativmedizin: Was sind ihre Ziele?
Eins der Ziele der Palliativmedizin ist es, die Lebensqualität eines Erkrankten zu erhalten. Sie konzentriert sich immer auf den ganzen Menschen, der an einer Krankheit leidet, und nicht allein auf die Krankheit. Auch wenn eine Krankheit nicht mehr heilbar ist und die Lebenserwartung begrenzt, so kann für die Betroffenen noch sehr viel getan werden, damit es ihnen in der ihnen verbleibenden Lebenszeit gut geht.
Hinweis: Sollten Sie selbst palliativmedizinische Betreuung benötigen, so seien Sie gewiss, dass es vor allem darum geht, Ihre persönliche Lebensqualität zu fördern, das heißt, Sie darin zu unterstützen, das, was für Sie wichtig ist, zu erreichen.
Zunächst sollen natürlich die körperlichen Beschwerden verringert werden, an denen Sie jetzt leiden. Eine wirksame und konsequente Behandlung quälender Symptome ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Lebensqualität im Angesicht einer unheilbaren und fortschreitenden Erkrankung. Weiterhin geht es aber auch darum, Ihren seelischen und spirituellen Bedürfnissen in dieser letzten Lebensphase gerecht zu werden sowie Ihnen bei der Bewältigung eventuell vorhandener sozialer Probleme beizustehen und Sie zu beraten.
Im Rahmen von Krebserkrankungen ist das Ziel der palliativen Therapie, die Lebenszeit mit der Tumorkrankheit zu verlängern oder auch zu erwartende Komplikationen zu vermeiden. Ein Beispiel: Ein Tumor, der auf die Speiseröhre drückt, wird operativ nur teilweise entfernt, um durch ihn verursachte Beschwerden zu lindern. Das Grundleiden wird hierdurch nicht beseitigt.
Wichtig: Viele Betroffene leben mit der Tumorerkrankung inzwischen über lange Zeit auch mit guter Lebensqualität. Dank der modernen Therapieverfahren ist die palliative Lebenszeit zunehmend länger geworden.
Zudem kann auch eine unterstützende Behandlung (Supportivtherapie) als palliativmedizinische Maßnahme verstanden werden. Supportivtherapie bedeutet, dass Nebenwirkungen oder Komplikationen, die infolge der Krebsbehandlung auftreten können, vermieden oder beseitigt werden. Typische Beispiele hierfür sind die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie oder einer Pilzinfektion nach einer Strahlenbehandlung.
Palliativversorgung in einem Hospiz
Bei der Palliativversorgung in einem Hospiz geht es im weiteren Sinne um das Ziel, das Leiden Schwerstkranker zu lindern, ihnen das Verbleiben in der vertrauten Umgebung zu ermöglichen und auch den Angehörigen beizustehen.
Im Zusammenhang mit schwerstkranken und sterbenden Menschen haben Sie sicher schon einmal den Begriff Hospiz gehört. Das Wort leitet sich ab vom lateinischen hospitium, was Herberge bedeutet und sich auch in dem Wort Hospital wiederfindet. Es war ursprünglich eine kirchliche oder klösterliche Verpflegungsanstalt für Bedürftige, Fremde oder Kranke.
Im engeren Sinne versteht man heute unter einem Hospiz die stationäre Verwirklichung der Hospizidee in einem Gebäude mit eigener Infrastruktur, aber ohne hauseigene Ärzte. In Hospizen werden Schwerstkranke mit einer unheilbaren, fortschreitenden Erkrankung und begrenzter Lebenserwartung sowie sterbende Menschen betreut, bei denen eine stationäre Behandlung im Krankenhaus nicht erforderlich, aber eine Betreuung zu Hause nicht möglich ist.
Zitat: „Was der Sterbende mehr als alles braucht, ist, dass wir Verständnis und Respekt für seine Person aufbringen. Vielleicht sollten wir weniger mit den Sterbenden über Tod und Traurigkeit reden und stattdessen unendlich mehr tun, damit sie an das Leben erinnert werden.” (Dr. Stein Husebö, Chefarzt der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, Universität Bergen, Norwegen)
Im Hospiz werden schwerpunktmäßig im Rahmen der Palliativmedizin die Symptome der Erkrankung überwacht und die Beschwerden gelindert. Darüber hinaus geht es um die pflegerische, psychosoziale sowie spirituelle Betreuung des Menschen. Das Personal in einem Hospiz setzt sich aus hauptamtlichen professionell ausgebildeten sowie ehrenamtlichen Mitarbeitern zusammen, die in speziellen sogenannten Befähigungskursen auf ihre Aufgaben vorbereitet werden. Die ärztliche Betreuung übernehmen in der Palliativmedizin ausgebildete niedergelassene Ärzte.
Stationäre und ambulante Dienste für Palliativversorgung
Die stationären Hospizeinrichtungen werden durch ambulante Dienste in der Palliativversorgung ergänzt. Ambulante Hospizdienste unterstützen Kranke und deren Angehörige bei Aufgaben und Verrichtungen des Alltags, leisten psychosoziale Beratung, begleiten Sterbende und ihre Angehörigen und helfen den Hinterbliebenen nach dem Tod des Kranken bei der Trauerbewältigung. Weiterhin informieren sie auch die Öffentlichkeit über die Hospizidee.
Ein ambulanter Hospizdienst besteht aus mindestens zehn ehrenamtlichen Mitarbeitern, die an Befähigungskursen teilgenommen haben und in der Regel vier Stunden pro Woche zu festen Zeiten zur Verfügung stehen. Eine hauptamtliche, fachlich qualifizierte Fachkraft leitet den Dienst und koordiniert die Einsätze.
Wünschen Sie sich eine Palliativversorgung am Lebensende in Ihrem Zuhause, dann übernimmt ein ambulanter Palliativpflegedienst die palliativpflegerische Versorgung in enger Abstimmung mit den behandelnden Ärzten und steht bei Bedarf auch für die sogenannte Grundpflege – dazu gehören zum Beispiel Körperpflege, An- und Auskleiden, Lagern des Kranken – zur Verfügung. Angehörige erhalten durch diese Dienste vor allem Unterstützung bei palliativpflegerischen Maßnahmen.
Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV)
Zusätzlich Anspruch auf eine sogenannte spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) in ihrer Häuslichkeit haben Menschen, die an einer nicht heilbaren Krebserkrankung mit schwerwiegenden Symptomen leiden. Diese Leistung erbringt ein multiprofessionelles Kernteam, wobei mindestens ein Arzt und eine Pflegekraft eine spezialisierte Qualifikation für Palliativmedizin vorweisen soll. Der Dienst muss rund um die Uhr erreichbar sein. Um die Qualität dieser Dienste zu sichern, hat der Gesetzgeber bestimmte Rahmenbedingungen vorgegeben.
Wichtig: Wenn Sie palliativmedizinische Betreuung brauchen – ob stationär oder ambulant – sprechen Sie zunächst Ihren Hausarzt oder Ihren behandelnden Onkologen an. Viele Ärzte arbeiten eng mit einem ambulanten Netz für Palliativmedizin zusammen. Unterstützung bieten auch die ambulanten Hospizdienste an, die bei Ihnen in der Region vorhanden sind. Sie erhalten die Adressen bei Ihrer Krankenkasse, von Ihrem (Haus-) Arzt, im Internet beim Deutschen Hospiz- und PalliativVerband oder über das PalliativPortal. Nehmen Sie Hilfe an. Sie brauchen nicht allein zu sein.
Schwerpunkte von Palliativmedizin und Hospizarbeit
- Die psychosoziale Begleitung und die emotionale Unterstützung für Sie wie auch für Ihre Angehörigen; denn bei der Verarbeitung der Gefühle, die bei der Auseinandersetzung mit dem Lebensende auftreten, kann eine ehrenamtliche oder professionelle Unterstützung sehr hilfreich sein.
- Die religiöse / spirituelle Begleitung, damit Sie Möglichkeiten und Raum finden können, Ihre Fragen bezüglich Ihres Lebens, des Sinns und des Todes zu stellen.
- Die Symptomlinderung, darunter besonders die Behandlung von Schmerzen und anderen Beschwerden, die in der letzten Lebensphase auftreten können.
- Hilfe und Unterstützung bei der Bewältigung organisatorischer Dinge.
Unterschiedliche Berufsgruppen arbeiten in der Palliativmedizin eng zusammen
Die vielfältigen Aufgaben der Palliativmedizin machen es zwingend erforderlich, dass ganz unterschiedliche Berufsgruppen – Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Seelsorger und natürlich das Pflegepersonal – eng zusammenarbeiten und laufend Informationen untereinander austauschen. Dieser sogenannte interdisziplinäre Ansatz stellt sicher, dass die verschiedenen Professionen das Wohlergehen des Betroffenen aus ihrem Blickwinkel heraus gemeinsam in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Denn jeder Mensch hat seine persönlichen Bedürfnisse und über Jahre und Jahrzehnte eingeschliffene Gewohnheiten. Dazu kommen seine ganz eigenen familiären Wurzeln und kulturellen Erfahrungen.
Häufig ist es am Ende des Lebens aber nicht mehr möglich, zu Hause zu sein, auch wenn alle Beteiligten in der Hospizbewegung und Palliativmedizin Ihnen dies wünschen würden. Wenn Sie also in einer für Sie zunächst fremden Umgebung sein müssen, zu einer Zeit, in der es Ihnen schlecht geht, so ist eines besonders wichtig:
Wichtig: Sie sollen von Anfang an den Eindruck haben, dass sich die Menschen, die für Sie da sind, nach Ihnen richten und nicht Sie sich den Gepflogenheiten in einem Krankenhaus anpassen müssen.
So zum Beispiel im Dr. Mildred Scheel Haus in Köln: Holz und Pastellfarben bestimmen die Atmosphäre in den Patientenzimmern. Der Innengarten ist von jedem Patientenzimmer aus erreichbar und vermittelt den Eindruck eines Hauses im Grünen.
Insofern möchten wir Sie beruhigen und gleichzeitig ermutigen, sich auf die Fachleute in der Hospizarbeit und der Palliativmedizin einzulassen. Einige Adressen finden Sie am Ende dieser Broschüre.
Besonderheiten von Palliativstationen
- Palliativstationen sind eigenständige, an ein Krankenhaus gebundene Abteilungen. Aufgenommen werden Kranke mit einer nicht mehr heilbaren, fortgeschrittenen Erkrankung und mit Beschwerden, die einer Krankenhausbehandlung bedürfen.
- Ein Arzt steht rund um die Uhr zur Verfügung; eine Pflegekraft ist für höchstens vier Patienten da.
- Palliativstationen sind in aller Regel eigenständige Einheiten und besitzen bevorzugt Einzelzimmer. Die Zimmer und die gesamte Station sind wohnlich gestaltet und sollen möglichst wenig an einen Krankenhausbetrieb erinnern. Außerdem gibt es meistens ein gemeinsames Wohnzimmer, eine Terrasse oder einen Balkon.
- Für Angehörige stehen kostenlos Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Darüber hinaus bieten seit Anfang 2017 einige Krankenhäuser multiprofessionelle Klinikpalliativdienste an, die außerhalb von Palliativstationen schwerstkranke Menschen und deren Angehörige im Krankenhaus palliativmedizinisch mitbetreuen.
Palliativmedizin bei körperlichen Symptomen
Die lindernde Behandlung körperlicher Beschwerden ist eines von drei Elementen der Palliativmedizin.
Neben Schmerzen sind die häufigsten weiteren Beschwerden von Betroffenen mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung allgemeine Schwäche, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung oder Durchfall, Luftnot, Mundtrockenheit, Ängste und Depressionen. Gelegentlich treten verschiedene Beschwerden gleichzeitig auf und müssen gemeinsam behandelt werden.
Wir möchten wir Ihnen hier erläutern, was Sie gegen Beschwerden, welche die Lebensqualität stark beeinträchtigen, tun können.
Krebsschmerzen
Die Diagnose Krebs löst bei vielen Menschen die Befürchtung aus, dass früher oder später unerträgliche Schmerzen auftreten werden. Dabei ist eine Krebserkrankung keineswegs immer mit Schmerzen verbunden. Bei etwa jedem dritten Patienten treten nie erhebliche Schmerzen auf, selbst wenn die Krebskrankheit fortschreitet und eine Heilung nicht mehr möglich ist. Wenn ein Kranker jedoch Schmerzen hat, dann beeinträchtigen diese seine Lebensqualität ganz besonders stark.
Treten im Verlauf der Erkrankung Schmerzen auf, so können diese mit den heutigen Möglichkeiten der Schmerztherapie fast immer beseitigt oder zumindest befriedigend gelindert werden. In den meisten Fällen ist die Schmerzbehandlung sogar recht einfach und kann von allen Ärzten, die Krebskranke behandeln, erfolgreich durchgeführt werden.
Mehr Informationen finden Sie im Artikel "Krebsschmerzen".
Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen
Über die Hälfte aller schwerst Krebskranken klagt über Appetitlosigkeit mit oder ohne Übelkeit und / oder Erbrechen. Anders als bei der Schmerztherapie gibt es für diese Beschwerden keine anerkannten Therapierichtlinien im Sinne eines Stufenschemas. Dennoch können diese Symptome gut behandelt werden.
Die Ursachen für Übelkeit und Erbrechen bei Tumorpatienten sind vielfältig. Sie können im Magen-Darm-Trakt liegen, wenn zum Beispiel die Nahrung nicht mehr aus dem Magen weiterbefördert wird, wenn die Nahrung an anderer Stelle nicht ungehindert passieren kann, wenn eine Magenschleimhautentzündung oder Geschwüre im Magen beziehungsweise Zwölffingerdarm vorliegen. Pilzinfektionen und Schleimhautschädigungen, die ihren Ursprung im Mund-Nasen-Rachenraum haben, können ebenso Übelkeit und / oder Erbrechen auslösen.
Weiterhin können Arzneimittel Übelkeit und Erbrechen sowie Appetitlosigkeit hervorrufen, etwa die zuvor erwähnten Opioide, aber auch andere Schmerzmittel, Antibiotika oder Herzmedikamente sowie Stoffwechselprodukte, die durch zu viel Kalzium oder Giftstoffe entstehen.
Eine palliative Chemotherapie oder Strahlentherapie und begleitende Infektionen können mit Übelkeit einhergehen, ebenso Hirnmetastasen oder Entzündungen im zentralen Nervensystem, Angst, Stress und Schmerz.
Die Behandlung von Übelkeit, Erbrechen sowie Appetitlosigkeit richtet sich nach der Ursache. Grundsätzlich stehen nicht-medikamentöse und medikamentöse Maßnahmen zur Verfügung.
Gut wirksame Medikamente gegen Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen
Medikamente unterschiedlicher Wirkgruppen regen den Appetit an und verringern gleichzeitig Übelkeit und Erbrechen. Hierzu gehören Arzneistoffe aus der Gruppe der Antihistaminika, Neuroleptika, Anticholinergika, Substanzen, die die Magentätigkeit anregen oder sogenannte Serotoninrezeptoren blockieren. Hinzu kommen Kortisonabkömmlinge und Cannabis-Präparate.
So können Sie Übelkeit und Erbrechen entgegenwirken
- Nehmen Sie häufig kleine Mahlzeiten zu sich; essen Sie nicht hastig und kauen Sie gut.
- Die Speisen sollten nicht zu heiß und nicht zu kalt sein.
- Trinken Sie reichlich, am besten zwischen den Mahlzeiten, um den Magen nicht zu schnell zu füllen. Geeignete Getränke sind Kräutertee, kohlensäurearmes oder stilles Mineralwasser, gelegentlich schwarzer Tee und reizstoffarmer Spezialkaffee.
- Meiden Sie Nahrungsmittel, die Sie schon mehrfach schlecht vertragen haben.
- Essen Sie bei Übelkeit schon vor dem Aufstehen trockenes Gebäck (Knäckebrot, Toastbrot, Kekse).
- Vermeiden Sie Essensgerüche, lassen Sie frische Luft ins Zimmer.
- Stellen Sie kleine Portionen bereit, die besonders ansprechend zubereitet sind und zum Zugreifen verführen. Essen Sie immer dann etwas, wenn Sie gerade Appetit haben.
- Schaffen Sie eine ruhige, entspannte Atmosphäre und eine angenehme Umgebung.
Verstopfung
Regelmäßiger Stuhlgang ist wichtig, um sich wohl zu fühlen. Gleichwohl gibt es ganz individuelle Verdauungsgewohnheiten, und das, was für andere „normal” ist, mag auf Sie noch lange nicht zutreffen. Tatsache ist jedoch, dass viele Krebskranke im fortgeschrittenen Krankheitsstadium unter Verstopfung (Obstipation) leiden.
Diese kann viele Ursachen haben: Sie kann durch Medikamente (wie Morphin) und medizinische Eingriffe ausgelöst oder verstärkt werden, durch den Tumor selbst, durch veränderten Stoffwechsel (wie erhöhter Kalziumspiegel) oder nervenbedingte Veränderungen, aber auch durch eine ballaststoffarme Kost, zu geringe Flüssigkeitsaufnahme oder mangelnde Bewegung.
Viele Tumorkranke benötigen deshalb Abführmittel (Laxanzien). Etablierte Medikamente sind hier Polyethylenglykol, ein Pulver, das man in einem Glas Wasser aufgelöst zu sich nimmt, oder 10 bis 20 Tropfen Natriumpicosulfat. Beides lässt sich auch gut kombinieren. Mit Hilfe dieser und anderer Substanzen kann man in aller Regel eine regelmäßige Verdauungstätigkeit erreichen.
Palliativmedizin bedeutet Geborgenheit bis zuletzt
Eine umsichtige medizinische Behandlung im Rahmen der Palliativmedizin kombiniert mit fürsorglicher Pflege und seelischer Zuwendung: So versorgt können Krebskranke ruhig und friedlich sterben.
Betreuung in den letzten Lebenstagen (Finalphase)
Trauer, Sterben und Tod gehören zum Leben. Aber viele mögen gerade darüber nicht sprechen und lassen die Betroffenen mit ihren Gedanken, Gefühlen und Ängsten allein. Dabei benötigen Kranke und ihre Angehörigen in dieser letzten Zeit besonders viel Zuwendung, menschliche Wärme und Aufmerksamkeit.
Hinweis: Ein wesentliches Ziel der Palliativmedizin ist es, allen Betroffenen in dieser letzten Lebensphase des Kranken viel Beistand, aber auch konkrete Hilfe anzubieten.
Wichtig ist, dass die Finalphase durch eine kompetente ärztliche und pflegerische Behandlung begleitet wird, damit Beschwerden möglichst gut gelindert werden. Wegen ihres dynamischen Verlaufs sollten gerade in der Finalphase die angewandten oder geplanten Behandlungsstrategien kritisch im Hinblick auf den Nutzen für den Betroffenen geprüft und dementsprechend angepasst werden.
Wichtig: Der Behandlungsansatz in der Palliativmedizin ist von größtem Respekt vor der Würde und Selbstbestimmung des Menschen geprägt. Schwerkranke und Sterbende werden nicht allein gelassen, sondern einfühlsam (empathisch) begleitet, und ihr Leid wird kompetent gelindert. Palliativmedizin stellt somit eine wirkliche Alternative zur aktiven Sterbehilfe dar.
Besondere Bedingungen auf einer Palliativstation
Auf einer Palliativstation arbeiten ganz unterschiedliche Berufsgruppen zusammen, deren Arbeit zwar jeweils andere Schwerpunkte besitzt, die jedoch ein gemeinsames Ziel hat: für die betroffenen Menschen das Beste zu erreichen.
Diese Berufe finden Sie auf einer Palliativstation
- Ärzte
- Seelsorger
- Psychologen
- Sozialarbeiter
- Pfleger
- Physiotherapeuten
Der Mensch ist nicht nur ein leibliches Wesen, sondern zu seiner Körperlichkeit kommen auch Geist und Seele dazu. Das macht jeden einzelnen von uns außergewöhnlich. Lebensentwurf und Biografie machen jeden Menschen einzigartig. Darum sollte jedem Menschen angesichts des Lebensendes auch ganz individuelle Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Somit bestimmen fachübergreifende Zusammenarbeit (Interdisziplinarität) und Teamgeist zum Wohle des Betroffenen die Arbeit auf einer Palliativstation. Im Rahmen der Palliativmedizin haben diese unterschiedlichen Berufszweige jeweils spezielle Schwerpunkte ihrer Arbeit.
Die Rolle des Psychologen in der Palliativmedizin
Auf Palliativstationen stehen Betroffenen Psychologen zur Seite, die auf die Palliativversorgung spezialisiert sind. Eine schwere Erkrankung führt in jeder Phase bei jedem Betroffenen zu kurzfristigen oder länger dauernden seelischen (psychischen) Reaktionen. Von allen ist sicherlich die letzte Erkrankungsphase die belastendste: Die Hoffnung auf Heilung besteht nicht mehr, die körperlichen Kräfte lassen nach, die Beschwerden nehmen zu, die Ahnung des nahenden Todes lässt viele Fragen und Ängste aufkommen, der Rückblick auf das bisherige Leben wird vielleicht begleitet von dem Wunsch und dem Bedürfnis, Unerledigtes noch zu regeln.
Psychologen unterstützen den Sterbenden dabei, die persönlichen Themen der letzten Lebensphase beleuchten zu können, das gelebte Leben und vielleicht auch ungelebte Wünsche Revue passieren zu lassen und so zu einem langsamen Abschied vom eigenen Leben und den damit verbundenen Menschen zu gelangen.
Der Psychologe ist in der Palliativversorgung gleichermaßen auch Ansprechpartner für die Angehörigen, die – wenn auch aus einer anderen Perspektive – häufig ähnliche Dinge beschäftigen wie den Kranken.
Die am häufigsten auftretenden psychischen Reaktionen in der letzten Lebensphase sind Ängste und Depressionen.
Ängste
Ängste Schwerkranker sind oft schwer zu erkennen, weil sie sich anders äußern, als wir es von klassischem Angstverhalten her kennen. Viele Kranke sind niedergeschlagen oder ziehen sich von der Außenwelt zurück, andere treten aggressiv auf, manchmal drückt sich der seelische Schmerz auch als körperlicher Schmerz aus.
Angst kann viele Gründe haben
- Verletzungsangst (zum Beispiel vor der Blutentnahme, vor Untersuchungen oder Eingriffen, vor krankheitsbedingter Entstellung)
- Verlustangst (etwa vor dem Verlust von Körperfunktionen, der Kontrolle und Selbstbestimmung, familiärer Bindungen, der wirtschaftlichen Sicherheit)
- Angst vor Nebenwirkungen (von Chemotherapie, Bestrahlung, Schmerzmitteln)
- Angst vor körperlichen Beschwerden und Leiden
- Angst vor dem Sterben, Todesangst, „spirituelle Angst” („Was kommt danach?”)
Nicht immer sind dem Betroffenen selbst seine Ängste bewusst oder deren Ursachen so klar, dass er sie benennen kann. Dies kann dazu beitragen, dass er sich hilflos fühlt und hoffnungslos ist, seine seelische Not als ausweglos und unveränderbar empfindet. Auch Verdrängung kann in der letzten Lebensphase eine wichtige Rolle spielen und eine Schutzfunktion haben, welche die Betreuenden in der Palliativversorgung berücksichtigen beziehungsweise respektieren müssen.
Wichtig: Wir möchten Sie darin bestärken, über ihre Ängste zu sprechen. Geben Sie etwas von Ihrer Last ab. Vielleicht eröffnen sich im Gespräch neue Blickwinkel, die für Sie hilfreich sind.
Depressionen
Angesichts des lebensbedrohenden Charakters ihrer Erkrankung stoßen viele Krebsbetroffene an die Grenze dessen, was sie körperlich und seelisch bewältigen können, und bei vielen stellen sich Depressionen ein. Neben Angst ist dies die häufigste seelische Begleiterkrankung bei bösartigen Tumorleiden.
Die gedrückte Stimmung, die Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung der Kranken sind natürliche, unvermeidbare und der Schwere der Krise angemessene Reaktionen.
Im Übrigen besteht durchaus auch ein enger Zusammenhang zwischen körperlicher Beeinträchtigung und seelischem Befinden: Das Ausmaß körperlicher Beschwerden – insbesondere Schmerzen, Atemnot, Schwäche und Müdigkeit, mangelnder Appetit und Übelkeit – ist eng mit der Häufigkeit depressiver Verstimmungen verbunden.
Vielleicht haben Sie auch schon einige der folgenden Symptome an sich festgestellt
- Innere Leere
- Interesselosigkeit
- Fehlende Lebensfreude
- Anhaltendes Grübeln
- Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen
- Schuldgefühle und Selbstanklagen
- Gefühl der Wertlosigkeit
- Antriebslosigkeit
- Eingeschränkte Konzentration und Merkfähigkeit
- Innere Unruhe
Es kann aber auch sein, dass die depressive Verstimmung nicht in der Seele der Person begründet ist, sondern körperliche oder medikamentöse Ursachen hat. Das kann zum Beispiel bei starker Gewichtsabnahme der Fall sein oder bei Flüssigkeitsmangel. Auch Hirnmetastasen können Depressionen auslösen, ebenso manche Medikamente (zum Beispiel Interferone, Kortikoide, Betablocker, Magensäureblocker, Benzodiazepine).
Allerdings hat nicht jede Niedergeschlagenheit eine depressive Verstimmung als Ursache. Viele Krebskranke leiden auch unter Fatigue, einer chronischen Müdigkeit und Erschöpfung, die sich vom normalen Maß deutlich unterscheidet und sich nicht durch normale Erholungsmechanismen wie schlafen beheben lässt.
Psychotherapeutische Ansätze in der Palliativmedizin
Sowohl Ängste als auch Depressionen beeinträchtigen das seelische Befinden eines Schwerkranken ganz erheblich. Die Unterstützung eines Psychotherapeuten kann hier sehr segensreich wirken, sollte dabei jedoch einigen Grundprinzipien folgen.
Grundprinzipien psychotherapeutischer Unterstützung in der Palliativversorgung
- Ängste und Depressionen gehören nicht zwangsläufig zu einer Krebserkrankung, sondern sind Symptome, die behandelt werden sollten und können.
- Die Behandlung orientiert sich an den persönlichen Vorstellungen des Kranken: an seinen körperlichen, seelischen und geistigen Bedürfnissen ebenso wie an seiner individuellen Belastbarkeit.
- Grundzüge der psychotherapeutischen Unterstützung:
- Der Psychologe steht Ihnen für vertrauensvolle Gespräche zur Verfügung.
- Sie als Patient bestimmen bei jedem Kontakt die Intensität des Gesprächs.
- Der Psychologe hat Achtung vor Ihrer seelischen Verarbeitung.
- Wenn Sie dies möchten, können Sie in dem geschützten Raum, den die Betreuung eines Psychologen bietet, ohne Rücksicht auf andere negative Gefühle ausdrücken (traurig sein, weinen, wütend sein, hadern; Gefühle, die Sie Ihren Angehörigen gegenüber vielleicht nicht so gerne zeigen).
- Er wird Sie in Ihren Fähigkeiten und Kräften bestärken und Ihnen helfen, diese auch in Ihrer schweren Lage so einzusetzen, dass Sie Ihre Ziele erreichen.
Hinweis: Bei sehr starken Ängsten oder Depressionen können ergänzend Medikamente eingesetzt werden. Diese Möglichkeit sollte im Interesse des Betroffenen auch genutzt werden. Sprechen Sie Ihren Arzt darauf an.
Die Rolle des Seelsorgers in der Palliativmedizin
Auf vielen Palliativstationen gehört ein Seelsorger zum interdisziplinären Team der Palliativversorgung. In der Regel sind dies Pfarrer, die von den Kirchen oder der Klinik angestellt sind.
Im Mittelpunkt der seelsorgerischen Arbeit steht der einzelne Mensch, unabhängig von seiner religiösen Ausrichtung oder Weltanschauung. Gerade in Krisensituationen kommen häufig Fragen nach dem Sinn des Lebens und des Leidens auf. Fragen nach dem Woher und Wohin des Menschen beschäftigen Kranke und Angehörige, die darum wissen, dass der Tod in greifbare Nähe gerückt ist.
Hinweis: Hier stehen die Seelsorger zum Gespräch bereit. Sie begleiten die Sterbenden in der letzten Phase ihres Lebens und betreuen die Angehörigen in dieser und der nachfolgenden Zeit.
Im Gespräch können dabei religiöse Fragen ebenso eine Rolle spielen wie die eigene Lebensgeschichte, unbewältigte Probleme, Sorgen und Hoffnungen. Selbstverständlich bieten die Seelsorger Gebet und Andacht an sowie Krankensalbung, Abendmahl, Krankenkommunion, Beichte und Segnung.
Die Rolle der Pflegekräfte in der Palliativmedizin
Die Aufgaben der Pflegefachkräfte in der Palliativversorgung sind sehr vielfältig und umfassen neben den klassischen Arbeitsbereichen auch die psychische Betreuung des kranken Menschen und seiner Familie.
Damit das Pflegepersonal ausreichend Zeit hat, diese Aufgaben zu erfüllen, hat eine Pflegeperson höchstens vier Kranke zu betreuen, und jeder Kranke wird wiederum nur von einigen wenigen Pflegern versorgt.
Wichtig: Auf diese Weise entsteht ein sehr intensiver Kontakt, der es ermöglicht, dass die Pflege mit viel Phantasie und Kreativität nach den Bedürfnissen des Patienten gestaltet werden kann.
Diese enge Beziehung zwischen Pflegenden und Krankem bietet eine sehr gute Basis für vertrauensvolle, offene Gespräche, in denen sich die Betroffenen und ihre Angehörigen öffnen und ihre Sorgen und Nöte ansprechen können. Ganz häufig braucht der Kranke aber auch einfach nur einen verständnisvollen Menschen, der für ihn Zeit hat und ihm zuhört.
Hinweis: Sehr wichtig ist es, die schönen Momente im Leben zu pflegen und die kleinen Dinge zu genießen.
Deshalb gibt es auf vielen Palliativstationen, wann immer sich eine Gelegenheit bietet, gemeinsame Veranstaltungen, Geburtstagsfeiern oder andere Feste, an denen die Kranken teilnehmen können.
Alle Mitglieder des palliativen Pflegeteams unterstützen und betreuen ihre Patienten mit viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen. In den schwersten und traurigsten Stunden sind häufig gerade sie es, die den Kranken begleiten.
Die Rolle der Physiotherapeuten in der Palliativmedizin
Die Krankengymnastik (Physiotherapie) hat in der Palliativmedizin einen hohen Stellenwert. Sie wird dabei nicht als isolierter und gesonderter Behandlungsschritt angesehen, sondern ist eines von mehreren Elementen im Spektrum der Möglichkeiten der palliativen Therapie.
Nach Rücksprache und in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt, dem Pflegepersonal, selbstverständlich auch mit dem Betroffenen selbst und seinen Angehörigen, wird der aktuelle körperliche Zustand des Kranken betrachtet und die in Frage kommenden Therapiemöglichkeiten werden erörtert. Dann wird für jeden Kranken sein ganz persönlicher Behandlungsplan ausgearbeitet.
Ziel der Krankengymnastik im Rahmen der palliativen Therapie ist es, die Körper- und Organfunktionen positiv zu beeinflussen und zu stabilisieren. Auch dabei muss sich die Beurteilung dessen, was sich durch physiotherapeutische Maßnahmen kurz-, mittel- und langfristig erreichen lässt, am Befinden des Kranken orientieren.
Eine physiotherapeutische Behandlung kann aktiv und passiv erfolgen. Bei der aktiven Therapie arbeitet der Betroffene im Rahmen seiner Möglichkeiten mit. Passive Maßnahmen, die stets in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen, können zum Beispiel dazu beitragen, Schmerzen zu verringern oder den allgemeinen Gesundheitszustand zu stabilisieren. Auf diese Weise kann eine passive Behandlung erheblich zur physischen und psychischen Entspannung des Kranken beitragen.
Beispiele für aktive Maßnahmen |
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Passive und weitere Behandlungstechniken |
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Die Rolle der Sozialarbeiter in der Palliativmedizin
In Hospiz- und Palliativeinrichtungen sind Sozialarbeiter seit einigen Jahren fester Bestandteil der palliativ arbeitenden Teams. Die Mitarbeiter des Sozialdienstes wenden sich ebenso an Betroffene wie an deren Angehörige. Sie sind überwiegend in Kliniksozialdiensten und Tumorberatungsstellen tätig, vermitteln den Einsatz von ehrenamtlichen Helfern für Gespräche zu Hause und SAPV-Teams, sind Wegbegleiter der Kranken und Sterbenden während des Aufenthaltes im stationären Hospiz und kümmern sich nicht zuletzt auch um die Begleitung trauernder Angehöriger.
Die Mitarbeiter des Sozialdienstes unterstützen und beraten Sie
- Bei der Klärung von Rechtsansprüchen zur Existenzsicherung
- Bei der Durchsetzung sozialrechtlicher Ansprüche
- Bei der Organisation von Hilfen im häuslichen Umfeld
- Bei der Vermittlung von Pflegeplätzen
- Bei der Erstellung von Vollmachten und Patientenverfügungen
- Wenn Sie in Ihrer Selbsthilfegruppe oder anderen Gruppen und Einrichtungen Informationen über die Arbeit von Hospiz- und Palliativeinrichtungen brauchen
Palliativmedizin: Sterbebegleitung und Trauerbeistand
Sterben – Tod – Trauer: drei Begriffe, die untrennbar miteinander verbunden sind. Trauer ist ein Teil des Abschiednehmens, der Trennung. Sie ist eine völlig natürliche, notwendige und hilfreiche Gefühlsregung.
Dabei trauern die Angehörigen und Freunde, die zurückbleiben, ebenso wie der Sterbende selbst. Das Trauern beginnt nicht erst mit dem Tod eines geliebten Menschen.
Jeder Kranke erlebt seine ganz persönliche Trauer, wenn er erkennen muss, dass sein Leben zu Ende geht: Trauer über das Lebensende, über die Angehörigen, die er bald allein zurückgelassen weiß, über unerfüllte Hoffnungen und Wünsche, über Dinge, die er nicht mehr erleben oder nicht mehr erledigen kann.
Bei den Angehörigen ist die Trauer zunächst einmal Ausdruck des Verlustes eines geliebten Menschen. Ein solch unwiederbringlicher Verlust ist eine gefühlsmäßige Ausnahmesituation. Für sehr viele Menschen ist es das schlimmste Ereignis, das sie sich vorstellen können.
Der Trauer Raum geben
Viele Kulturen haben Trauerrituale, die dabei helfen sollen, der persönlichen Trauer einen Rahmen und dem Trauernden in seiner Haltlosigkeit Halt zu geben. In unserer modernen, schnelllebigen Zeit, in der viele Kranke nicht in ihrer häuslichen Umgebung sterben, sind solche Rituale vielfach in Vergessenheit geraten oder sie werden aus verschiedenen Gründen nicht mehr gepflegt.
Wichtig: Auf einer Palliativstation wird der Trauer Raum gegeben. Trauerbegleitung ist ein integraler Bestandteil der Palliativmedizin und wird als Aufgabe des gesamten palliativ arbeitenden Behandlungsteams verstanden. Sie schließt sowohl den Sterbenden selbst als auch seine Angehörigen ein.
Die letzte Phase im Leben eines Menschen ist eine einzigartige, einmalige und ganz besondere. Sie sollte der Persönlichkeit und Biographie des Sterbenden gerecht werden und seine Wünsche erfüllen. Dies ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten.
Die Mitglieder des Behandlungsteams in der Palliativversorgung bestärken den Schwerstkranken darin, dass er seiner Trauer über den Abschied vom Leben, von seiner Familie und seinen Freunden Ausdruck verleihen kann und soll.
Trauer miteinander teilen
Vielen Kranken erscheint es unmöglich, ihre eigene Trauer mit dem Partner, den Kindern oder Angehörigen zu teilen, weil sie befürchten, diese zusätzlich zu belasten. Umgekehrt ist es ähnlich: Die nahen Angehörigen „reißen sich zusammen”, sie verlassen das Krankenzimmer, wenn sie die Tränen nicht mehr zurückhalten können, um dem Sterbenden ihre Trauer nicht zu zeigen.
Aber: Auf diese Weise verwenden alle Beteiligten wertvolle Energie darauf, ihr wahres Empfinden vor den anderen zu verbergen. Gemeinsames Trauern aber lässt diese letzte Lebensphase des Kranken zum letzten gemeinsamen (Gefühls-) Erlebnis werden.
Für die Angehörigen ist dieser offene Umgang mit der Trauer sehr wichtig, um den Tod des geliebten Menschen verarbeiten zu können. Sonst besteht die Gefahr einer verlängerten oder krankhaften Trauer.
Komplikationen bei der Trauerbewältigung
Aus ihrer Erfahrung wissen die Mitarbeiter in der Palliativmedizin, dass es durchaus Komplikationen bei der Trauerbewältigung geben kann, die sich im schlimmsten Fall bis hin zu krankhaft ausgeprägten (komplizierten) Trauerreaktionen steigern können. Um solche Komplikationen möglichst ganz zu verhindern oder sie zumindest zu verringern, unterstützen und helfen alle Teammitglieder mit.
Oft lassen sich bei Angehörigen schon frühzeitig Verhaltensweisen und Risiken erkennen, die darauf hindeuten, dass mit einer komplizierten Trauerreaktion gerechnet werden muss. In diesen Fällen können sich speziell ausgebildete Krankenschwestern oder Sozialarbeiter vorbeugend um die Trauernden kümmern und sie begleiten.
Aufgabe des Palliativteams ist es, das gesamte Familiensystem des Kranken zu erfassen, die wichtigsten Bezugspersonen kennen zu lernen und sowohl informative als auch einfühlsame Trauergespräche zu führen.
Trauerbegleitung geht nach dem Tod des Kranken weiter
Die psychologische Begleitung der trauernden Angehörigen in der Palliativmedizin endet konsequenterweise nicht mit dem Tod des Kranken. In gemeinsamen Trauergottesdiensten gedenken die Angehörigen und die Mitarbeiter der Palliativstation nach einem gewissen Zeitraum noch einmal des Verstorbenen. Bei der Trauerbewältigung hat es sich darüber hinaus als sinnvoll erwiesen, dass sich die Hinterbliebenen und ein erfahrener Therapeut etwa vier bis sechs Wochen nach dem Verlust noch einmal begegnen. Bei dieser Gelegenheit kann der Therapeut einschätzen, wie die Angehörigen mit dem Verlust des geliebten Menschen umgehen und wie der Trauerprozess verläuft.
Wichtig: Scheuen Sie sich nicht, Ihre Gedanken, Gefühle und Worte mit jemandem zu teilen, der sie mit Ihnen tragen kann.
Palliativmedizin bei Kindern und Jugendlichen
Auch bei Kindern und Jugendlichen spielt die Palliativmedizin eine Rolle, denn Krankheit und Tod kennen keine Altersgrenze: Leider sterben immer wieder auch Kinder und Jugendliche an einer schweren Erkrankung. Allerdings unterscheidet sich ihre Situation in vielfacher Hinsicht von der Erwachsener.
Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jährlich ungefähr 1.800 Kinder und Jugendliche; etwa ein Drittel von ihnen erliegt einer Krebserkrankung.
Die Vorstellungen über Krankheit und Tod, die sich ein Kind oder Jugendlicher aufgebaut hat, werden durch viele äußere Faktoren mitbestimmt: etwa durch Erziehung, Religion und eigene Erfahrungen.
Hinweis: Kinder denken anders als Erwachsene. Wie sie Leben und Tod einschätzen, hängt in erster Linie vom Alter des Kindes ab.
Kleinkind
Ein Kleinkind bis zum Alter von drei Jahren hat keine klare Vorstellung von Leben und Tod. Es kennt keinen Unterschied zwischen lebendig und tot, denn es betrachtet alle Gegenstände als lebendig. In dieser Altersstufe ist das größte Problem die (Trennungs-)Angst. Da die Kinder noch keine Zeitvorstellung haben, können sie auch eine nur kurzzeitige Trennung als schlimm empfinden. Unannehmlichkeiten der Behandlung werden im Spiel jedoch auch rasch wieder vergessen.
Vorschulkinder
Bei Vorschulkindern bis zu sechs Jahren beherrschen magische Vorstellungen die Lebenswelt. Sie lernen nach und nach den Unterschied zwischen Leben und Tod kennen, beziehen die Möglichkeit des Sterbens aber nicht auf sich selbst. Ihre Einschätzungen bezüglich Krankheit – auch der eigenen –, Verletzung und Tod sind unrealistisch. Tot sein ist für sie gleichbedeutend mit fortgehen – aber wer fortgeht, kann auch wiederkommen.
Jüngere Schulkinder
Schulkinder bis etwa neun Jahren zeigen ein eher sachliches Interesse am Tod und möchten oft gern mehr darüber erfahren. Sie wissen um die Endgültigkeit („ewiger Schlaf”) des Todes. Sie können Angst haben, verlassen zu werden, Angst vor dem Tod der Eltern. Bis zum zehnten Lebensjahr begreifen Kinder immer schneller und deutlicher, was Tod bedeutet.
Ältere Schulkinder
Ältere Schulkinder bis etwa 14 Jahre haben zumeist schon sehr sachliche Einstellungen und betrachten die Welt eher nüchtern. Tod ist für sie ein abschließendes, unausweichliches Ereignis, sie befassen sich jedoch – je nach religiöser Ausprägung – mit einem Leben nach dem Tod. Diese älteren Kinder haben auch schon einen ganz eigenen Blick auf ihre Krankheit, auf ihr Schicksal und lehnen sich dagegen auf. Unter Umständen empfinden sie ihre Krankheit auch als Strafe für Fehlverhalten oder Versäumnisse und signalisieren diese Einschätzung durch Symbole, Verschlüsselungen oder Bemerkungen.
Jugendliche
Ältere Jugendliche reagieren verstandesmäßig schon wie Erwachsene. In der ohnehin schwierigen Phase der Pubertät und der Selbstfindung sind sie aber oft besonders verletzlich und empfinden starke Angst. Eine solche Situation bewirkt mitunter den Rückgriff auf frühere Verhaltens- und Erlebnisweisen (Regression). Der Gedanke an den Tod ist oft gar nicht da, aber meist nicht, weil er verdrängt wird, sondern weil die Jugendlichen häufig Phasen bewältigt haben, in denen es ihnen erst schlecht und dann wieder besser ging. Auf diese Weise erhalten sie sich ihre Hoffnung.
Oftmals (ver-)zweifeln Kinder und Jugendliche an sich und der Welt. Die Symptome der Krankheit, die manchmal notwendigen ärztlichen Eingriffe, die unerwünschten Nebenwirkungen der Behandlung, die zahlreichen Einschränkungen, die den Krankheitsalltag bestimmen, und nicht zuletzt auch der fehlende Kontakt zu den Eltern, Geschwistern und Freunden – all das stellt das bisherige Leben des jungen Menschen auf den Kopf. Lebenswille und Lebensmut werden auf eine ebenso harte Probe gestellt wie das Vertrauen, das er in die Fähigkeiten und die Autorität der Erwachsenen entwickelt hat.
Die Palliativversorgung von Kindern zeichnet sich durch eine Besonderheit aus: Sie betrifft sowohl Kinder mit einer Krankheit, an der sie mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem 18. Lebensjahr versterben werden, als auch Kinder mit einer möglicherweise tödlichen Krankheit, bei der eine Heilung zwar möglich, aber unwahrscheinlich erscheint.
Hinweis: Insofern kann eine pädiatrische palliativmedizinische Betreuung oft Jahre dauern.
So werden zum Beispiel Kinder und Jugendliche, die an Leukämie (PDF) oder Lymphomerkrankungen (PDF) leiden, immer dann im Rahmen der Palliativmedizin versorgt, wenn der Therapieerfolg unklar ist oder die Therapie nicht gewirkt hat.
Rascher Wechsel der Symptome stellt hohe Ansprüche an Palliativmedizin
Bei krebskranken Kindern ist die Behandlungsphase der Palliativmedizin durch einen raschen Wechsel der Symptome gekennzeichnet, was besonders hohe Ansprüche an das Behandlungsteam stellt. Dieser Wechsel ist ein grundlegender Unterschied zum Krankheitsverlauf bei Erwachsenen mit einer oft langsamer fortschreitenden bösartigen Neubildung.
Die besonderen Herausforderungen an das pädiatrische palliativmedizinische Team in Krankenhäusern, Kinderhospizen und zu Hause sind vielfältig.
Hinweis: Wichtigste Aufgabe der Palliativmedizin ist es, dem Kind in dieser Zeit Geborgenheit zu geben. Es soll getragen werden von der gefühlsmäßigen und körperlichen Nähe zu den Eltern.
Vielleicht muss von allen Beteiligten auch entschieden werden, ob lebensverlängernde Maßnahmen (nicht) eingeleitet oder abgebrochen werden sollen. Ärzte und Pflegepersonal haben die schwierige Aufgabe, die richtigen Worte für das Kind und seine Eltern zu finden und Konflikte mit den Angehörigen über die weiteren Behandlungsschritte der palliativen Therapie möglichst zu vermeiden.
Die hierbei zugrunde liegenden ethischen Gesichtspunkte sind in einer Confederation of the European Specialists of Paediatric (CESP) veröffentlicht worden und dienen als Richtlinien für Entscheidungshilfen.
Kinder haben Rechte: Die UNESCO beschreibt sie als das Recht auf bestmögliche medizinische Behandlung, den Anspruch sterbender Kinder, nicht in einem Erwachsenen-Hospiz oder in einer Erwachsenen-Palliativstation behandelt zu werden, sondern altersentsprechende Möglichkeiten der Unterbringung zu vermitteln.
Wichtig: Kinder sollen in der Palliativversorgung gemeinsam mit anderen Kindern betreut werden, die von ihrer Entwicklung her ähnliche Bedürfnisse haben.
Kinder haben das Recht auf eine Umgebung, die ihrem Alter und Zustand entspricht und ihnen umfangreiche Möglichkeiten zum Spielen, zur Erholung und Schulbildung gibt. Kinder sollen von Personen betreut werden, die durch Ausbildung und Einfühlungsvermögen befähigt sind, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Familien und Kinder einzugehen.
Patientenverfügung, Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht
Jedem kann es plötzlich passieren, dass er über seine medizinische Behandlung nicht mehr entscheiden kann. Um sicherzustellen, dass Ihre Wünsche und Bedürfnisse auch dann berücksichtigt werden, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, diese zu äußern, können Sie eine Vorsorgevollmacht und / oder Patientenverfügung abfassen.
Das Gesetz definiert die Patientenverfügung als schriftliche Festlegung einer volljährigen Person, ob sie in konkrete, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder diese verbietet (§ 1901 Abs. a des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB). Auf diese Weise können Sie spätere ärztliche Behandlungen beeinflussen und somit Ihr Selbstbestimmungsrecht schützen, auch wenn Sie sich zum Zeitpunkt der Behandlung nicht mehr äußern können und nicht mehr einwilligungsfähig sind. Diese Festlegungen sind für das palliative Behandlerteam verbindlich, wenn dadurch Ihr Wille für eine konkrete Lebens- und Behandlungssituation eindeutig und sicher festgestellt werden kann.
Unter bestimmten Bedingungen könnte der Einsatz aller medizinisch-technischen Mittel die unerwünschte Folge haben, dass das Leiden eines sterbenden Menschen unnötig verlängert wird. Dann sollte aus Respekt vor der Würde des Sterbenden bewusst auf bestimmte Maßnahmen der Palliativmedizin verzichtet werden. Es kann aber auch notwendig werden oder sinnvoll sein, intensivmedizinische Maßnahmen anzuwenden. Dabei sollten Sie auch berücksichtigen, dass in manchen Grenzsituationen des Lebens Voraussagen hinsichtlich des Erfolgs medizinischer Maßnahmen und Folgeschäden im Einzelfall kaum zu treffen sind.
Wichtig: Diese letzte Entscheidung soll grundsätzlich der sterbende Mensch selbst in der konkreten Situation treffen. Ausschlaggebend sind dabei seine ganz persönlichen Wünsche und Bedürfnisse, seine Einstellung zum Leben, zu Krankheit, Leiden und zum Tod.
Patientenverfügung
Grundsätzlich haben Sie die Möglichkeit, eine Patientenverfügung zu erstellen, eine Betreuungsverfügung zu treffen oder eine Vorsorgevollmacht zu erteilen. Durch eine von Ihnen bevollmächtigte Person kann der Arzt Ihren mutmaßlichen Willen, den Sie jetzt nicht mehr klar zum Ausdruck bringen können, ausfindig machen.
Hinweis: Wichtig ist, dass diese Person Sie möglichst gut kennt und bereit ist, sich auf Gespräche zu Ihrer weiteren Palliativversorgung einzulassen.
Am besten ist es, wenn Sie „in guten Zeiten” mit dieser oder diesen Personen (es können auch mehrere sein, denen Sie eine Vorsorgevollmacht ausstellen) die Dinge besprechen, die Ihnen wichtig sind, die also umgesetzt oder unterlassen werden sollten.
Hierbei kann die Patientenverfügung gute Dienste leisten, denn hier können Sie in schriftlicher und damit verbindlicher Form Wünsche, Ziele, Werte und Hoffnungen zum Ausdruck bringen. Aber ein Stück Papier bleibt ein Stück Papier, und nicht immer kann der Arzt den Formulierungen einer Patientenverfügung die Überlegungen, die zu einer Aussage geführt haben, nachvollziehen und auf die jeweilige Situation übertragen.
Der medizinische Fortschritt in den letzten Jahrzehnten erfordert immer wieder neue, schwierige Entscheidungen.
Wichtig: In der Patientenverfügung informieren Sie den Arzt darüber, ob und wie Sie im Falle bestimmter Krankheitssituationen behandelt werden möchten, wenn Sie sich selbst – vorübergehend oder dauerhaft – nicht mehr dazu äußern können.
Das können Sie in einer Patientenverfügung festlegen
- Wie und wo sollen Schmerzen und andere Symptome behandelt werden?
- Welche Regelungen sollen bei Wiederbelebung, künstlicher Ernährung, Beatmung, Blutwäsche (Dialyse), Gabe von Flüssigkeiten, Blutprodukten und Antibiotika gelten?
- Wann und unter welchen Bedingungen lehnen Sie diese Maßnahmen ab?
- Wie und wo soll eine chronische Krankheit im Endstadium behandelt werden?
- Wie und wo möchte ich am Lebensende versorgt werden?
- Welche Regelung möchte ich hinsichtlich einer Organspende treffen?
Patientenverfügung in Absprache mit dem Hausarzt
Bevor Sie eine Patientenverfügung verfassen, besprechen Sie alles genau mit Ihrem Arzt. So können Sie sicherer sein, dass Sie alle medizinischen Aspekte, die Sie für den Ernstfall gerne geregelt haben möchten, auch wirklich verstanden und berücksichtigt haben. Außerdem können Sie in der Patientenverfügung eine Person Ihres Vertrauens benennen, mit der Sie Ihren Willen besprochen haben und die dem Arzt für eventuelle Rückfragen zu Verfügung steht.
Hinweis: Empfehlenswert ist eine Kombination aus Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Dadurch hat der Arzt einen Ansprechpartner, der Ihren Willen vertritt oder ihm hilft herauszufinden, welche weiteren Schritte in Ihrem Sinne sind.
Es gibt einige Patientenverfügungen, die Ihnen als Vorlage dienen können, die aber zum Teil Nachteile haben.
So werden etwa vorgefertigte Standardpatientenverfügungen, die Sie nur zu unterschreiben brauchen, kritisch gesehen. Es kann nämlich unter Umständen bezweifelt werden, dass Sie wirklich alles verstanden haben, was darin steht. Dann könnte es sein, dass Ihre Anordnungen als nicht sieht vor, dass alle Festlegungen in der Patientenverfügung sehr genau benannt und möglichst konkret ausgeführt werden.
Auf seiner Website hat das Bundesministerium der Justiz eine Vorsorgevollmacht sowie eine Broschüre mit Textbausteinen (PDF) veröffentlicht, aus denen Sie Ihre ganz persönliche Patientenverfügung zusammenstellen können. Weitere Informationen zur Patientenverfügung finden Sie in einer Informationsschrift des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz mit dem Titel „Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter durch Vollmacht, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung”.
Formulare und Anleitungen für die Erstellung von Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung in leichter beziehungsweise einfacher Sprache finden Sie zum Beispiel auf der Website des „Pilotprojekts Leichte Sprache in der niedersächsischen Justiz”.
Noch ein Tipp: Unterschreiben Sie die Patientenverfügung alle ein bis zwei Jahre neu und notieren Sie dazu das aktuelle Datum. So zeigen Sie, dass die Regelungen auch weiterhin gelten. Vielleicht ergänzen Sie sogar noch den Hinweis „gilt noch”.
Betreuungsverfügung
Wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, Entscheidungen über Ihr Leben zu treffen, setzt das Vormundschaftsgericht auf Antrag (zum Beispiel durch Ihren Hausarzt oder durch einen Angehörigen) eine Person ein, die für Sie wichtige Entscheidungen trifft. Das kann ein Angehöriger sein, aber auch ein sogenannter Berufsbetreuer wie zum Beispiel ein Rechtsanwalt. Je nachdem, wie hilfsbedürftig jemand ist, regelt dieser Betreuer die persönlichen, finanziellen und medizinischen Angelegenheiten und kann sogar darüber bestimmen, wo sich der Betroffene aufhält (etwa im Altersheim oder in einer Klinik).
Wichtig: In der Betreuungsverfügung legen Sie selbst eine Person Ihres Vertrauens fest, die vom Vormundschaftsgericht als Betreuer bestellt werden soll.
Ein Betreuer unterliegt dem Betreuungsrecht und wird vom Gericht kontrolliert. Er darf nicht gegen den erkennbaren Willen des Betreuten verstoßen. Die Bestellung eines Betreuers durch das Vormundschaftsgericht kann mehrere Monate dauern.
Ein Musterformular für eine solche Betreuungsverfügung finden Sie beim Bundesministerium der Justiz.
Vorsorgevollmacht
Anstelle der Betreuungsverfügung können Sie auch eine Vorsorgevollmacht ausstellen. Damit bevollmächtigen Sie eine Person Ihres Vertrauens, für Sie zu handeln, und zwar meistens in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Die Vorsorgevollmacht hat den Vorteil, dass die bevollmächtigte Person kurzfristig in Ihrem Sinne handeln kann und nicht erst die oft langwierige Entscheidung vom Vormundschaftsgericht abgewartet werden muss.
Es liegt auf der Hand, dass nur eine Person eingesetzt werden sollte, zu der Sie ein besonderes Vertrauensverhältnis haben, weil diese eigenverantwortlich tätig und grundsätzlich nicht durch das Gericht überwacht wird. Dazu kommt, dass die übertragenen Aufgaben oft nicht leicht zu erledigen sind.
Wichtig: Besprechen Sie mit der Person, der Sie die Vorsorgevollmacht erteilen möchten, was Sie sich wünschen, und fragen Sie diese, ob sie bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen. Meistens werden sich Familienangehörige oder enge Freunde dazu bereit erklären. Sie können bei Bedarf auch mehrere Bevollmächtigte einsetzen.
Der Text der Vorsorgevollmacht muss gut lesbar sein. Denken Sie daran, das Dokument zu unterschreiben und das Datum zu vermerken. Ferner gilt diese Vollmacht nur im Original; Kopien werden nicht akzeptiert. Eine Vorsorgevollmacht können Sie jederzeit widerrufen.
Es empfiehlt sich auch, die Vorsorgevollmacht von einem Notar beglaubigen zu lassen. Wenn Sie möchten, können Sie die Vollmacht auch dort verwahren lassen. Ein Musterformular für eine Vorsorgevollmacht finden Sie beim Bundesministerium der Justiz.
Patientenrechtegesetz
Ein Patient, der gut informiert ist und seine Rechte kennt, kann den Ärzten, der Krankenkasse oder auch dem Apotheker als gleichberechtigter Partner gegenübertreten. Das Patientenrechtegesetz stärkt die Stellung der Patienten im Gesundheitssystem. Arzt und Patient schließen einen Behandlungsvertrag; alle dazugehörenden Rechte und Pflichten sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert.
Die Regelungen
Niedergelassene Ärzte und Krankenhausärzte müssen ihre Patienten über alle erforderlichen Untersuchungen, über Diagnose und Behandlung verständlich und umfassend informieren; ein persönliches Gespräch muss rechtzeitig geführt werden. Bei Zweifeln oder Unsicherheiten hat jeder Patient unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, von einem anderen Arzt eine zweite Meinung einzuholen. Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse, ob sie diese Leistung übernimmt.
Der Patient hat das Recht, seine Patientenakte einzusehen. Die Unterlagen müssen vollständig und sorgfältig geführt werden. Im Konfliktfall wird eine nicht dokumentierte Behandlung so bewertet, als wäre sie gar nicht erfolgt.
Sind bei der Behandlung eines Patienten grobe Behandlungsfehler unterlaufen, muss der Arzt darlegen, dass und warum seine Therapie richtig war. Bei nicht groben Behandlungsfehlern muss allerdings nach wie vor der Betroffene nachweisen, dass ein solcher Fehler vorliegt. Ärzte sind verpflichtet, im Bedarfsfall die Patientenakte offenzulegen. Bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler sind die Krankenkassen verpflichtet, ihre Versicherten zu unterstützen, zum Beispiel in Form von Gutachten.
Über Leistungen, für die bei der Kassenkasse ein Antrag gestellt werden muss (zum Beispiel für bestimmte Hilfs- oder Heilmittel), hat die Krankenkasse innerhalb von drei Wochen zu entscheiden. Wird ein medizinisches Gutachten benötigt, verlängert sich diese Frist auf fünf Wochen. Nach Ablauf dieser Frist gilt der Antrag als genehmigt.
Sie haben laut Patientenrechtegesetz Anspruch auf:
- Aufklärung und Beratung
- Unter bestimmten Voraussetzungen auf eine zweite ärztliche Meinung (second opinion)
- Angemessene und qualifizierte Versorgung
- Selbstbestimmung
- Vertraulichkeit
- Freie Arztwahl
- Einsicht in Ihre Patientenakte
- Dokumentation und Schadenersatz im Falle eines Behandlungsfehlers
Weitere Informationen zum Thema Patientenrechte finden Sie auf den Internetseiten www.bmg.bund.de/themen/praevention/patientenrechte/patientenrechte.html und www.patienten-rechte-gesetz.de.
Weitere Informationen
Letzte Aktualisierung
- Wissenschaftliche Überarbeitung Dezember 2020
Text und Redaktion
- Dr. Désirée Maßberg, Stiftung Deutsche Krebshilfe
- Sandra von dem Hagen, Stiftung Deutsche Krebshilfe
- Isabell Beckmann, Stiftung Deutsche Krebshilfe
Fachliche Beratung
Prof. Dr. med. A. S. Lübbe
Chefarzt Klinik für Palliative Tumortherapie
Karl-Hansen-Klinik
Antoniusstraße 19
33175 Bad Lippspringe
Für die Arbeitsgemeinschaft Palliativmedizin (APM) der Deutschen Krebsgesellschaft:
Prof. Dr. med. F. Lordick
Direktor des Universitären Krebszentrums Leipzig (UCCL)
Universitätsklinikum Leipzig
Liebigstraße 20 / Haus 4
04103 Leipzig
Frau A. Schnabel
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Universitäres Krebszentrum Leipzig (UCCL)
Universitätsklinikum Leipzig
Liebigstraße 20 / Haus 4
04103 Leipzig
Dr. med. B. van Oorschot
Interdisziplinäres Zentrum Palliativmedizin
Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie
Universitätsklinik Würzburg
Joseph-Schneider-Straße 2
97080 Würzburg
Quellen
Zur Erstellung dieser Broschüre wurden die nachstehend aufgeführten Informationsquellen herangezogen:
- S3-Leitlinie Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung, Leitlinienprogramm Onkologie, AWMF-Registernummer: 128/001 OL, Mai 2015
- Temel JS, Greer JA, Muzikansky A, et al. Eraly Palliative Care for Patients with Metastastic NonSmallCell Lung Cancer. NEJM 2010; 363;8: 733-742
- World Health Organization. Cancer pain relief and palliative care – report of a WHO expert committee. Genf: World Health Organization 1990
- Sepulveda C, Marlin A, Yoshida T, Ullrich A. Palliative Care: the World HealthOrganization’s global perspective. J Pain Symptom Manage 2002; 24: 91-6
- Sabatowski R, Radbruch L, Nauck F, Roß J, Zernikow B. Hospiz und Palliativführer 2004. Z Palliativmed 2004; 5: 2-5
- Husebö/Klaschik: Palliativmedizin – Grundlagen und Praxis, 5. Auflage, erschienen im Springer Medizin Verlag 2009
- Lübbe A. Fortbildungsreihe Palliativmedizin, Folge 1: Palliativmedizin – Konzepte im Wandel. Im Focus Onkologie 12/2003; 43-46
- Gerbershagen HJ, Dagtekin O, Sabatowski R. Opioide – wann welche Applikationsform?Arzneimitteltherapie 25. Jahrgang; Heft 10; 2007; 374-383
- Latasch I, Zimmermann M, Eberhardt B, Jurna I. Aufhebung der Morphininduzierten Obstipation durch orales Naloxon. Anaesthesist 1997; 46: 191-4
- Klaschik E, Nauck F, Ostgathe C. Constipation – modern laxative therapy. Support Care Cancer 2003; 11 (11): 697-85
- Twycross RG, Lichtner I. The terminal phase. In: Doyle D, Hanks GWC, MacDonald N (eds). Oxford textbook of palliative medicine. Oxford: Oxford university Press 1993; 651-61
- Müller-Busch C, Klaschik E, Woskanjan S. Palliativmedizin – Eine Alternative zur akuten Euthanasie. Deutsches Ärzteblatt 2004; 101: A1077-8
- Breitbart, W. et al. (1995). Neuropsychiatric syndromes and psychological symptoms in patients with advanced cancer. Journal of Pain and Symptom Management 10, 131-41
- Minagawa H. et al. (1996). Psychiatric morbidity in terminally ill cancer patients. Cancer 78, 1131-7
- MacKee, D,D, and Chappel, J.N. (1992). Spirituality and medical practice. Journal of Family Practice 35, 201-8
- Oxford Textbook of Palliative Medicine – Third Edition, Edited by Derek Doyle, Geoffrey Hanks, Nathan Cherny and Kenneth Calman
- Lehrbuch der Palliativmedizin, 2. Auflage, Aulbert, Nauck, Radbruch
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