Pressemitteilung – 23.02.2018
Berlin – Viele Krebspatienten leiden unter den Nebenwirkungen ihrer Therapie. Dazu gehören etwa Erschöpfung, auch Fatigue-Syndrom genannt, oder Polyneuropathie, eine Schädigung der Nerven. Gezieltes bewegungstherapeutisches Training hilft, die zum Teil starken Einschränkungen zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. Aktuelle Studienergebnisse – unter anderem eine Meta-Analyse aus den USA – konnten nun belegen: Körperliche Aktivität vermindert die Beschwerden erfolgreicher als eine medizinische oder eine psychologische Therapie. Auf dem 33. Deutschen Krebskongress wurden diese Erkenntnisse erstmals bei einer Pressekonferenz der Deutschen Krebshilfe vorgestellt. Begleitet wurde das Presseevent von Antje Möldner-Schmidt, Europameisterin im 3.000-Meter-Hindernislauf und Botschafterin der Initiative „Bewegung gegen Krebs“ der Deutschen Krebshilfe.
„Bewegung ist das geeignetste ‚Medikament‘ zur Reduzierung des Fatigue-Syndroms“, berichtete PD Dr. Freerk Baumann, Leiter der Arbeitsgruppe Onkologische Bewegungsmedizin am CIO Köln/Bonn. Doch nicht nur bei der Behandlung des Fatigue-Syndroms gibt es neue Erkenntnisse. „Auch bei der Chemotherapie-induzierten Polyneuropathie (CIPN) zeigen Studien, dass Bewegungstherapie hilft. Für die Polyneuropathie gibt es keine andere Behandlungsmethode, deren nachhaltige Wirkung bewiesen werden konnte“, so Baumann weiter. „Sensomotorisches Training und womöglich auch Vibrationstraining erzielen die besten Effekte bei der Therapie von Nervenschäden, wie eingeschränktes Tastgefühl an den Händen sowie Kribbeln und Schmerzen an Händen und Füßen.“
Dieser Ansatz wird derzeit in einer gemeinsamen Studie der Deutschen Sporthochschule Köln und der Uniklinik Köln weiter verfolgt. Erste Forschungsergebnisse unterstützen die Annahme, dass spezielles Bewegungstraining eine hemmende Wirkung auf die CIPN haben könnte. Die Deutsche Krebshilfe fördert die Studie mit 369.000 Euro.
Trotz der Erfolge, die mit einer gezielten Bewegungstherapie erreicht werden können, ist es jedoch schwierig, entsprechende Versorgungsstrukturen für alle Patienten zu schaffen. „Ein therapeutisches Training während der medizinischen Krebstherapie muss individuell auf die Patienten angepasst werden. Hierzu bedarf es speziell ausgebildeter Sport- und Physiotherapeuten, von denen es zurzeit noch nicht genügend gibt“, erklärte der Direktor des Centrums für integrierte Onkologie (CIO) Köln/Bonn, Professor Dr. Michael Hallek. „Darüber hinaus bestehen in den Onkologischen Zentren auch räumliche und finanzielle Engpässe, um hochwertige Trainingsgeräte anzuschaffen.“ Erschwerend käme hinzu, dass die Sporttherapie im Gegensatz zur Physiotherapie nicht im Heilmittelkatalog aufgeführt ist, obwohl die positiven Effekte durch Sporttherapie bereits sehr gut wissenschaftlich belegt seien.
„Hier ist die Gesundheitspolitik gefordert, dies schnellstens zu ändern“, unterstrich PD Dr. Baumann. „Denn, würde die Sporttherapie in den Heilmittelkatalog aufgenommen, so wäre es für die Krebszentren deutlich einfacher, entsprechende bewegungstherapeutische Strukturen aufzubauen.“
Um umfassende Informationen über die Versorgungsstrukturen zur Bewegungstherapie in Deutschland zu erhalten und Erkenntnisse darüber zu gewinnen, inwieweit Krebspatienten die Möglichkeiten der Sporttherapie überhaupt vermittelt werden, hat die Deutsche Krebshilfe eine bundesweite Umfrage bei über 700 Krebszentren durchgeführt. „Die Ergebnisse dieser Evaluation werden in Kürze vorliegen, doch schon jetzt zeichnet sich dringender Handlungsbedarf ab“, erklärte Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Das Thema körperliche Aktivität in der Krebstherapie hat für die Deutsche Krebshilfe einen hohen Stellenwert. Wir halten es für wichtig, die Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben, um weitere wissenschaftliche Erkenntnisse zu erhalten. Wir wollen aber auch Krebspatienten und Ärzte umfassend über die positiven Effekte der Bewegungstherapie informieren.“ Dies gelte zudem nicht nur für die Zeit während der Therapie, sondern auch für die Zeit danach, denn auch in der Krebsnachsorge seien Sport und Bewegung wichtig für das Wohlbefinden der Betroffenen.
Um das Thema Bewegung stärker und mit Nachhaltigkeit sowohl in der Therapie als auch in der Krebsnachsorge zu verankern, haben die Deutsche Krebshilfe, der Deutsche Olympische Sportbund und die Deutsche Sporthochschule Köln im Jahr 2014 die Initiative „Bewegung gegen Krebs“ gestartet. Unterstützt werden sie dabei von Heiko Herrlich, ehemaliger Fußballprofi und heute Bundesligatrainer, sowie Antje Möldner-Schmidt, Europameisterin im 3.000-Meter-Hindernislauf. Herrlich und Möldner-Schmidt wissen als ehemalige Patienten um die zentrale Bedeutung von Sport und Bewegung während und nach der Krebstherapie. „Für mich brach eine Welt zusammen, als ich mit der Diagnose Krebs konfrontiert wurde“, berichtete Möldner-Schmidt in Berlin. „Doch Sport und Bewegung haben mir sehr geholfen, die schwere Zeit durchzustehen und viele Hürden zu überwinden.“ Die Leichtathletin erkrankte im Januar 2010 an Morbus Hodgkin. Bereits zehn Monate nach der Diagnose nahm sie das Training wieder auf und wurde im Jahr 2014 Europameisterin.
Der Deutsche Krebskongress 2018
Der 33. Deutsche Krebskongress findet vom 21. bis 24. Februar 2018 in Berlin statt. Unter dem Motto „Perspektiven verändern Krebs – Krebs verändert Perspektiven. Diagnose, Therapie, (Über-)Leben“ informieren sich rund 10.000 Experten über die jüngsten wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Entwicklungen und diskutieren ihre Aufgaben von heute und morgen. Der größte und wichtigste deutschsprachige Kongress zur Krebsdiagnostik und -therapie wird von der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe gemeinsam ausgerichtet.
Die Ausrichter – starke Partner im Kampf gegen Krebs
Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) ist die größte wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum. In der DKG vertreten sind über 7.900 Einzelmitglieder in 24 Arbeitsgemeinschaften, die sich mit der Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen befassen; dazu kommen 16 Landeskrebsgesellschaften und 39 Fördermitglieder. Die DKG engagiert sich für eine Krebsversorgung auf der Grundlage von evidenzbasierter Medizin, Interdisziplinarität sowie konsequenten Qualitätsstandards und ist, gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans. www.krebsgesellschaft.de
Am 25. September 1974 gründete Dr. Mildred Scheel die Deutsche Krebshilfe. Ziel der gemeinnützigen Organisation ist es, Krebserkrankungen in all ihren Erscheinungsformen zu bekämpfen. Unter dem Motto „Helfen. Forschen. Informieren.“ fördert die Stiftung Deutsche Krebshilfe Projekte zur Verbesserung der Prävention, Früherkennung, Diagnose, Therapie, medizinischen Nachsorge und psychosozialen Versorgung, einschließlich der Krebs-Selbsthilfe. Ihre Aufgaben erstrecken sich darüber hinaus auf forschungs- und gesundheitspolitische Aktivitäten. Die Deutsche Krebshilfe ist der größte private Geldgeber auf dem Gebiet der Krebsbekämpfung – unter anderem der Krebsforschung – in Deutschland. Sie finanziert ihre gesamten Aktivitäten ausschließlich aus Spenden und freiwilligen Zuwendungen der Bevölkerung. www.krebshilfe.de
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