Finanzielle Belastung von Krebspatienten verringern

Deutsche Krebshilfe fördert Studie der Universitätsmedizin Halle mit rund 118.000 Euro

Halle (Saale), 24.02.2017 – Medikamentenzuzahlungen, Fahrtkosten oder gar der Verlust des Arbeitsplatzes: Eine Krebserkrankung hat vielfältige finanzielle Auswirkungen aufgrund von direkten und indirekten Kosten und diese können zu einer großen psychosozialen Belastung für die Erkrankten werden. Ein Versorgungsforschungsprojekt des Instituts für Medizinische Soziologie der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg geht jetzt diesen Auswirkungen auf den Grund. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Projekt mit rund 118.000 Euro.

In dem bis Ende 2018 laufenden Projekt sollen ca. 30 Patientinnen und Patienten, die aus Halle und Umgebung stammen, die finanziellen Veränderungen aufgrund der Krebserkrankung aus ihrer Sicht schildern. „Wir setzen ganz gezielt darauf, keinen standardisierten Fragebogen zu verwenden. Stattdessen planen wir rund einstündige Gespräche mit den Betroffenen, in denen wir allen Patienten die gleichen offenen Fragen stellen, uns aber ansonsten von den Erzählungen der Betroffenen leiten lassen und so einen tiefen Einblick in die Sichtweisen der Patienten erhalten. Auf diese Weise setzen wir direkt im Relevanzsystem der Betroffenen an und können so deren Vorstellungen und Handlungen optimal analysieren und verstehen“, sagt Prof. Dr. Matthias Richter, Direktor des Instituts für Medizinische Soziologie (IMS). Er leitet zusammen mit der Wissenschaftlerin Dr. Astrid Fink vom IMS das Projekt.

Dabei gehe es um Patienten ab 30 Jahren mit einer Darm-, Lungen-, Brust- oder Prostatakrebserkrankung, die sich bereits in der Nachsorgephase befinden. Diese sollen über ihre Krankheitsgeschichte, die kurz- und langfristigen Veränderungen ihrer finanziellen Situation, ihre berufliche Entwicklung, die psychosozialen Folgen, aber auch zu Ressourcen, die ihre finanzielle Belastung reduziert haben, Auskunft geben. So können soziale Risikogruppen für finanzielle Belastungen identifiziert sowie persönliche und soziale Faktoren herausgearbeitet werden, die helfen können, die Belastungen zu reduzieren.

Internationale Studien hätten gezeigt, dass je nach Land bis zu 80 Prozent der befragten Krebspatienten eine finanzielle Belastung erlebt haben, so Prof. Richter. Die Ergebnisse seien jedoch nicht direkt auf Deutschland übertragbar und zudem bislang nicht umfassend für verschiedene Krebserkrankungen und verschiedene Zeitpunkte nach Diagnosestellung untersucht worden. „Für Deutschland, mit einem der stärksten Sozialversicherungssysteme der Welt, liegen bislang noch keine Daten zu den finanziellen Auswirkungen einer Krebserkrankung und den daraus resultierenden psychosozialen Belastungen vor“, so Prof. Richter.

Das Problem der finanziellen Belastungen werde in Zukunft einen immer größeren Stellenwert - auch im internationalen Fokus - einnehmen, weil die Zahl der Patienten, die mit einer Krebserkrankung leben, kontinuierlich ansteige. Das hänge mit einer steigenden Zahl an Krebsneuerkrankungen aber auch einer verbesserten Behandlung und damit höheren Überlebensraten zusammen, erläutert er. In Deutschland stelle sich die Frage nach dem Ausmaß finanzieller Auswirkungen für Patienten zudem beispielsweise auch deshalb, weil aufgrund der Ökonomisierung im Gesundheitswesen die Ausgaben privater Haushalte für Gesundheitsleistungen stetig ansteigen. Weiterhin sei nicht klar, wie sich finanzielle Belastungen auf die Lebensqualität und subjektive Gesundheit auswirken und welche Risikogruppen in Deutschland besonders von finanziellen Belastungen betroffen seien.

Die Ergebnisse der Studie können dazu beitragen, den Blick von Leistungserbringern und der Gesundheitspolitik für die Belastungen von Krebspatienten über die rein körperlichen Folgen hinaus zu schärfen. Zur Entwicklung wirksamer Strategien und Interventionen mit dem Ziel die finanziellen Belastungen zu verringern, sei ein tiefergehendes Verständnis der finanziellen Auswirkungen, deren Einflussfaktoren und Folgen für die Patienten und ihre Familien dringend erforderlich, so die halleschen Wissenschaftler.

Quelle: Universitätsklinikum Halle