Mitteilung des Universitätsklinikums Leipzig – 27.10.2021
Eine auf den Patienten individuell zugeschnittene Therapieführung auf Basis der erkrankungsbezogenen Lebensqualität bei Niedrigrisiko-MDS Patienten mit symptomatischer Anämie steht im Mittelpunkt der kürzlich durch die „Deutsche Krebshilfe“ bewilligten PRO-RED Studie.
Am 11. Oktober 2021 startete die neue Studie PRO-RED mit einem Kick-Off Meeting aller beteiligten Partner. Unter der Leitung von Prof. Dr. Uwe Platzbecker, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hämatologie, Zelltherapie und Hämostaseologie am Universitätsklinikum Leipzig und Prof. Dr. Anja Mehnert-Theuerkauf, Abteilungsleiterin für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Leipzig, wird in den kommenden drei Jahren an einer Längsschnitt- und App-basierten Erfassung von Bluttransfusionsstrategien für Niedrigrisiko-Patienten mit einem Myelodysplastischen Syndrom (MDS) geforscht. Im Fokus steht dabei der Zusammenhang zwischen der Lebensqualität und dem klinischen Verlauf nach einer Bluttransfusion bei den eingeschlossenen Patienten.
Der Begriff MDS umfasst eine Gruppe erworbener, bösartiger Erkrankungen des Knochenmarks. Sie sind unter anderem gekennzeichnet durch eine ineffektive Blutbildung und ein erhöhtes Risiko der Progression in eine akute myeloische Leukämie (AML). Während Hochrisiko-MDS-Patienten intensive Therapien benötigen, erhalten Patienten mit Niedrigrisiko-MDS meist eine symptomatische Therapie. Eines der häufigsten Symptome beim Niedrigrisiko-Patienten ist die Anämie. Durch regelmäßige Bluttransfusionen zeigt sich kurzzeitig eine Verbesserung der dadurch bedingten Symptome. Bei hoher Transfusionslast kann es jedoch zu schweren Folgekomplikationen kommen, die letztendlich zu chronischen Organschäden, einer verkürzten Gesamtüberlebenszeit sowie zur Reduktion der Lebensqualität der betroffenen Patienten führen. Alternative Behandlungsmöglichkeiten sind begrenzt, wodurch die Transfusion bis auf Weiteres für viele Patienten das Mittel der Wahl bleibt.
Trotz dieses immensen Stellenwerts von Transfusionen existieren bislang keine internationalen Standards für die Empfehlung einer speziellen Transfusionsstrategie beim MDS. Grundlage für die Entscheidung für oder gegen eine Transfusion zu einem bestimmten Zeitpunkt ist immer der Hämoglobin-Wert (Hb-Wert). Je niedriger dieser ist, desto ausgeprägter ist die Anämie. Allerdings basieren die Regimes mangels konkreter, evidenzbasierter Vorgaben üblicherweise auf lokalen Richtlinien der jeweiligen Einrichtung oder gar individuellen Präferenzen der Behandler.
Ein optimiertes Transfusionsmanagement ist jedoch die Grundvoraussetzung für eine adäquate Lebensqualität der Patienten, da eine schlecht eingestellte Anämie zu erheblichen körperlichen Einschränkungen führt (Müdigkeit, Kurzatmigkeit, verminderte Leitungsfähigkeit etc.). „Bei Patienten mit einem Niedrigrisiko-MDS, die derzeit noch nicht von einem Übergang in eine akute myeloische Leukämie bedroht sind, sollte bei der Therapieentscheidung immer die individuelle Lebensqualität im Vordergrund stehen.“, so Prof. Platzbecker. „Die Symptome einer Anämie können von Patient zu Patient sehr verschieden sein. Manche Patienten berichten auch unter äußerst niedrigen Hb-Werten noch von einer akzeptablen Lebensqualität, andere spüren bereits knapp unterhalb der Normalwerte deutliche Einschränkungen. Diese Heterogenität ist eine Herausforderung für die Formulierung gemeingültiger Empfehlungen für Bluttransfusionen.“ erläutert Frau Dr. Kubasch, Ärztin in der Klinik und Poliklinik für Hämatologie, Zelltherapie und Hämostaseologie am Uniklinikum Leipzig und Ko-Antragstellerin des Projekts.
Hier setzt die PRO-RED Studie an. Mittels einer durch eine US-amerikanische Arbeitsgruppe entwickelte App, die anhand von Fotos der Fingernägel den Hb-Wert der jeweiligen Patienten bestimmt, sollen die in die Studie eingeschlossenen Probanden kontinuierlich über einen Zeitraum von sechs Monaten die Ausprägung ihrer Anämie erfassen und zeitgleich einen für MDS spezifischen Lebensqualitätsfragebogen ausfüllen. Die innerhalb der PRO-RED Studie generierten Daten werden die Entwicklung eines auf Lebensqualität-basierten Transfusionsmodells unterstützen, das individuell für jeden Patienten den optimalen Cut-off zwischen Hb und Lebensqualitäts-Score ermittelt und basierend darauf die Notwendigkeit für eine Bluttransfusion signalisiert.
Neben der Klinik und Poliklinik für Hämatologie, Zelltherapie und Hämostaseologie und der Medizinischen Psychologie und Medizinische Soziologie sind noch folgende weitere Projektpartner der Universität Leipzig in die PRO-RED Studie involviert:
- Innovation Center Computer Assisted Surgery – ICCAS (Prof. Thomas Neumuth, Alexander Oeser)
- Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie – IMISE (Dr. Christoph Engel)
- Zentrum für Klinische Studien (ZKS) Leipzig (Dr. Oana Brosteanu)
Die PRO-RED Studie wird mit einer Fördersumme von 463.421 € von der Deutschen Krebshilfe gefördert.
Quelle: Universitätsklinikum Leipzig