Muskelaufbau nach Chemotherapie: Gabrieles Erfahrungen


Muskelaufbau nach Chemotherapie - Deutsche Krebshilfe

Im Jahr 2008 erhält Gabriele Weck die Diagnose Lungenkrebs. Operationen, Chemotherapien und Strahlentherapien schwächen sie sehr. Ein speziell auf Krebspatienten ausgerichtetes Rehasportangebot hilft ihr, wieder zu Kräften zu kommen. Im folgenden Blogbeitrag schildert Gabriele Weck ihre Erfahrungen zum Thema Bewegung und Muskelaufbau nach der Chemotherapie.

Rehasport nach Krebserkrankung: Ich gehe an meine Grenzen

Die roten Stoffschuhe von Gabriele Weck gleiten über den holzfarbenen Hallenboden. Fetzige Musik unterstützt ihre Bewegungen. Durch den Raum hallen die Anweisungen von Trainerin Michaela: „Schultern runter, Arme hoch und kraftvoll auf der Stelle laufen. Fünf, sechs, sieben, acht.“ Gabriele Weck folgt den Übungen leicht zeitverzögert und in ihrem eigenen Tempo.

Die 61-jährige geht einmal in der Woche zum sogenannten Rehasport, um nach überstandener Krebserkrankung wieder fit für den Alltag zu werden. Vor ihrer Diagnose noch ein Bewegungsmuffel, weiß sie inzwischen, wie gut ihr der Sport tut. Nach ein paar Minuten des auf der Stelle Laufens schnappt sie sichtlich angestrengt nach Luft, muss aber darüber lachen. Ein breites Lächeln hat die lebensfrohe Frau ohnehin immer im Gesicht. Für sie ist allein die Teilnahme an dieser Rehasportstunde beim MTV Kronberg ein riesiger Erfolg. Denn Gabriele Weck hat viel durchgemacht.

Muskelaufbau nach Chemotherapie - Besprechung mit Trainerin

Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen sollten Krebspatienten so früh wie möglich in Bewegungsprogramme eingebunden werden. Diese sollten für jeden Betroffenen maßgeschneidert sein und schon im behandelnden Krankenhaus beginnen.

Gabriele Weck hatte Lungenkrebs

„Es fing 2008 damit an, dass ich mich körperlich nicht gut fühlte. Ich hustete viel. Dennoch bin ich zunächst nicht zum Arzt gegangen – bis eine Erkältung im November einfach nicht abklingen wollte. Als auch ein Antibiotikum keine Besserung bringt, wird sie an eine radiologische Praxis im Nachbarort überwiesen. „Diesen Tag werde ich nie vergessen. Ein gutaussehender, junger Arzt kam herein, der ohne Umschweife gesagt hat: ‚Sie haben Krebs‘. Ein Schock. Zwei Tage vor Weihnachten. Ich bekomme heute noch Gänsehaut.“ Gabriele Weck spricht offen und mit fester Stimme über diese Zeit. Ihr Blick aber schweift immer wieder in die Ferne.

Der Beginn einer langen Krankengeschichte

Lungenkrebs mit Metastasen im linken Lungenlappen – so lautete die Diagnose. Die gelernte Kosmetikerin arbeitet zu diesem Zeitpunkt im Duty-Free Shop am Frankfurter Flughafen. Im nächsten Jahr sollte sie dort beruflich aufsteigen. Stattdessen ist die damals 47-Jährige ab sofort krankgeschrieben. Es folgen Chemotherapie, Strahlentherapie und eine Reha. Dort nimmt sie auch zum ersten Mal an speziellen Sportkursen für Krebsbetroffene teil. Vor allem durch Atem-, Kräftigungs- und Dehnübungen kann sie hier ihre Rücken- und Brustmuskulatur stärken und die Körperhaltung verbessern. Nach und nach wird die Königsteinerin wieder beweglicher und belastbarer.

Ein Glücksfall, denn nicht allen Krebspatientinnen und -patienten stehen die Türen zu Sport- und Bewegungsprogrammen während der Therapie offen. Vielerorts fehlt es noch an den entsprechenden Strukturen und Angeboten.

Um die Versorgungslücke zu schließen, hat die Deutsche Krebshilfe im Jahr 2021 zwei besondere und gezielte Projekte auf den Weg gebracht, die sie mit insgesamt 5,5 Millionen Euro fördert. Ziel ist es, konkrete Modelle und Konzepte zum flächendeckenden Auf- und Ausbau solcher Versorgungsstrukturen zu entwickeln und hierfür langfristig eine Regelversorgung zu erreichen.

Gabrieles Krebserkrankung: Ein Auf und Ab

Rund eineinhalb Jahre nach der Diagnose geht Gabriele Weck wieder Vollzeit arbeiten. 2013 dann die nächste Hiobsbotschaft: Die Metastase ist gewachsen. „Ich dachte, das war’s jetzt.“ Doch der Krebs kann operiert werden. Erneut ein Jahr Krankschreibung, erneut die Rückkehr in den Beruf. 2014 und 2017 folgen weitere krebsbedingte Operationen. Mittlerweile bezieht Gabriele Weck Teilerwerbsminderungsrente. „Ich weiß heute gar nicht mehr, wie ich das alles geschafft habe.“

Seelische Unterstützung bekommt die alleinstehende Frau vor allem von ihrer Mutter und einer guten Freundin. Außerdem hilft ihr der Glaube an ihre „innere Kraft“. Ihre Ehrenämter im regionalen Pilzverein und im Verein „Amphibien Hochtaunus“ sorgen für Freude und Ablenkung.

Krebssportgruppe: Bewegung gegen die Kraftlosigkeit

In der Krebsnachsorge erfährt Gabriele Weck vom Rehasport für die Zeit nach der Therapie. Sie meldet sich kurzerhand beim MTV Kronberg im Taunus für die Krebssportgruppe an. „Hier habe ich einen festen Anlaufpunkt, der mir Halt gibt.“, erzählt sie. In der Gruppe werden die Übungen je nach Krebsart angepasst. Niemand soll sich überfordern, aber dennoch die eigene Belastbarkeit austesten. „Ich gehe an meine Grenzen und das tut mir gut. Ohne Sport würde ich kraftlos zuhause rumhängen, davon bin ich überzeugt“, sagt Gabriele Weck.

„Ohne Sport würde ich kraftlos zuhause rumhängen, davon bin ich überzeugt“

Muskelaufbau nach Chemotherapie gegen Muedigkeit

Krebsnachsorge: Muskelaufbau nach Chemotherapie

Sport und Bewegung werden immer mehr zu einem wichtigen Baustein in der Krebsnachsorge. Doch auch hier fehlt es vielerorts an entsprechenden Angeboten. Um noch mehr Menschen wie Gabriele Weck diese Möglichkeit zu eröffnen, fördert die Deutsche Krebshilfe gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) den Ausbau von Krebssportgruppen in Deutschland und unterstützt die Ausbildung von Übungsleitern nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Gemeinsam mit dem DOSB und der Deutschen Sporthochschule Köln macht die Deutsche Krebshilfe auf die wichtige Bedeutung von „Sport und Bewegung“ in der Krebsprävention und -nachsorge aufmerksam. Hier finden Sie weitere Informationen.

Neue Freundschaften und mehr Lebensqualität

Während sie früher oft schon nach einfachen Haushaltstätigkeiten erschöpft war, kann Gabriele Weck heute eine Stunde Rehasport gut durchhalten. So auch die Übungen mit dem kleinen Gummiball, den sie abwechselnd mal um den Körper führt, auf den Boden prellt oder vor der Brust fest zusammendrückt. Das sei deutlich anstrengender, als es aussehe, versichert sie mit einem Lachen.

Muskelaufbau nach Chemotherapie: Wie hilft das?

„Meine Beweglichkeit, Ausdauer und Koordination haben sich verbessert. Ich bin nicht mehr so müde und kraftlos.“ Aber die Krebssportgruppe kommt nicht nur ihrem körperlichen Wohlbefinden zugute. Auch den Austausch mit den anderen Teilnehmern schätzt sie sehr. „Hier kümmert man sich gegenseitig. Das gibt Geborgenheit. Wir lachen viel und machen unsere Späße. Der Sport hat mir ein großes Stück Lebensqualität zurückgegeben.“

„Der Sport hat mir ein großes Stück Lebensqualität zurückgegeben.“

Lange hielt man die Kombination Bewegung und Sport bei Krebs für risikoreich. Inzwischen ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass Bewegung und Sport den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen, zu viel Ruhe dagegen zu Folgeerkrankungen führt: Sie schwächt zum Beispiel den gesamten Bewegungsapparat und das Herz-Kreislauf-System und schadet somit mehr, als sie nützt. Positive Effekte von Sport und Bewegung bei onkologischen Erkrankungen sind beispielsweise die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die Reduktion von Müdigkeit und Erschöpfung sowie die psychische Stabilisierung.

Mit dem Training geht es Gabriele besser

Gabriele Weck fokussiert sich inzwischen darauf, was sie noch kann und nicht auf das, was sie nicht mehr kann. Sowohl im Sport als auch im Alltag.

Auf die Frage, was sie sich für die Zukunft wünscht, antwortet sie: „Ich brauche keinen 6er im Lotto mehr. Ich habe schon mindestens 13 Jahre geschenkt bekommen. Vielmehr hoffe ich, dass ich noch lange mobil bleiben kann.“ Und dafür wird sie so viel tun wie möglich.

„Aufgeben ist für mich keine Option. Ich habe zurzeit ein Lieblingslied, in dem eine Zeile vorkommt, die mir sehr viel gibt: ‚Never give up, it’s such a wonderful life‘. Also, gib nicht auf, es ist so ein wunderschönes Leben.“

Muskelaufbau nach Chemotherapie - Krebsnachsorge

„Zu sehen und zu fühlen, dass es mir mit Sport besser geht, motiviert mich weiterzumachen.“

Für die Zeit nach der Reha hat jeder Krebsbetroffene einen Anspruch auf die Teilnahme an einer zertifizierten Rehabilitationssportgruppe (Krebssportgruppe). Im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung werden in der Regel 50 Übungsstunden bewilligt, die innerhalb von 18 Monaten absolviert werden können.

Muskelaufbau nach Chemotherapie: Wie finde ich Krebssportgruppen?

Der Deutsche Behindertensportverband und seine Landesverbände bieten bundesweit Rehabilitationssport an. Finden Sie jetzt eine  Rehabilitationssportgruppe in Ihrer Nähe.

Weitere Informationen

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