Christian leidet unter Polyneuropathie. Ursache für die Taubheit in Händen und Füßen ist eine Nebenwirkung der Chemotherapie, die er nach seiner Darmkrebs-Operation erhalten hat. In diesem Blogbeitrag berichtet der 34-jährige Grafikdesigner von seinen Erfahrungen mit der Nervenschädigung.
Darmkrebs: Nach der Diagnose folgt die OP
„Darmkrebs mit 32. Stadium drei, vielleicht auch vier. Als ich diese Diagnose im Frühherbst 2021 erhielt, wirkte alles plötzlich sehr unwirklich auf mich. Erst wenige Wochen zuvor war ich auf einer Kajaktour und es gab keine Spur von irgendwelchen Beschwerden. Nur sehr blass hätte ich gewirkt, so hörte ich öfters.
Dann ging alles sehr schnell. Zu schnell, um die Diagnose sacken zu lassen, was vielleicht auch ganz gut war. Es folgten Untersuchungen, um auszuschließen, dass der Krebs bereits gestreut hatte.
Zehn Tage nach der Diagnose startete dann meine Behandlung. Bei einer OP wurden der Tumor und ein großer Teil meines Dickdarms entfernt.“
Nach der OP: sechs Monate Chemotherapie
„Damals stand schon fest, dass die OP erst der Anfang meines Kampfes gegen den Krebs sein würde. Um auszuschließen, dass sich noch weitere Krebszellen im Körper befinden, stand mir noch eine sechsmonatige Chemotherapie bevor. Auch hier muss ich sagen: Zu meinem Glück wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, wie anstrengend die Behandlung für mich werden würde.
Die Chemo startete nur wenige Tage nach meinem 33. Geburtstag. Ich erinnere mich, dass ich diesen Tag mit sehr gemischten Gefühlen begann: Einerseits war ich froh und motiviert, die nächsten Schritte meiner Genesung angehen zu können, andererseits war ich auch beunruhigt, wie die Medikamente auf mich wirken würden.“
Polyneuropathie: Symptome
„Bereits während des ersten Chemozyklus zeigte sich: Die Medikamente hatten Nebenwirkungen. In den ersten Tagen nach der Infusion litt ich unter Muskelkrämpfen in Händen und Füßen. Hinzu kam ein Zittern. Das waren die ersten Symptome der Polyneuropathie. Im Laufe des dreiwöchigen Zyklus ließen die Beschwerden immer wieder nach. Doch gerade bei kalten Wintertemperaturen konnte ich mich darauf verlassen, dass die Symptome wiederkamen. Teilweise konnte ich keine fünf Minuten an die frische Luft gehen, ohne dass sich mein Augenlid automatisch schloss und ich es nur mühsam wieder aufhalten konnte.“
Polyneuropathie: Taube Hände und Füße
„Da die Beschwerden immer wieder nachließen, hatte ich die Hoffnung, dass meine Nerven nicht dauerhaft geschädigt sind. Das änderte sich ausgerechnet mit dem letzten Chemozyklus. Denn die Polyneuropathie blieb – in Form eines Taubheitsgefühls in Hände und Füßen. Das merkte ich im Alltag deutlich. Gegenstände in meiner Tasche suchen? Ohne einen Blick hinein oder Ausleeren des Inhalts schlicht unmöglich. Wo bislang ein gezielter Griff direkt Schlüssel, Portemonnaie oder Handy fand, so stellte mich dies vor eine kleine Herausforderung. Ein anderes Hindernis bemerkte ich bei einem meiner liebsten Hobbys, dem Fotografieren. An der Kamera fand ich plötzlich den Auslöser nicht mehr, ohne den Finger vorher ganz gezielt auf der Taste zu platzieren.“
Nach einigen Monaten hatte ich mich damit abgefunden, dass die Polyneuropathie ein fester Bestandteil meines Lebens bleiben würde.
Hilfe gegen Polyneuropathie: Ergotherapie
„Innerhalb von bis zu zwei Jahren, so meine Ärzte, können sich die Nerven noch erholen. Das geschieht in vielen, aber bei weitem nicht allen Fällen. Um etwas gegen die Ursache meiner Schmerzen zu tun, aber auch um meine körperliche Fitness wiederherzustellen, ging ich in eine dreiwöchige Reha.
Hier hat mir vor allem die Ergotherapie geholfen. Ich lernte Übungen, um die Muskulatur zu stärken und die Nerven zu stimulieren. Die Übungen mit Igelbällen, Fingermassageringen, Balancekissen und sonstigen Hilfsmitteln gaben mir zumindest das Gefühl, an meiner Polyneuropathie zu arbeiten.“
Erste Erfolge: Das Gefühl in den Händen ist zurück
„Umso mehr freute ich mich, dass dann doch langsam, aber stetig beinahe das gesamte Gefühl in den Händen zurückkam. Doch meine Füße blieben leider überwiegend taub. Das in den Griff zu bekommen ist meine nächste große Aufgabe. Nichtsdestotrotz kann ich mit dem bisherigen Fortschritt sehr gut leben und bin froh, wie gut ich dem Darmkrebs und der Polyneuropathie die Stirn geboten habe.“
Polyneuropathie: Das gibt Christian Rückhalt
Die Erfahrung Krebs war für mich intensiv, aber nie hoffnungslos.
„Ich bin sehr froh, meine Familie, Freunde und eine unglaublich verständnisvolle, liebevolle Partnerin an meiner Seite zu haben, die mich in schweren Momenten auffangen und mir einen Grund geben, weiterzukämpfen. Auch mein Arbeitgeber hat mir die Zeit gegeben, die ich brauchte, um wieder gesund zu werden.
So schlimm einzelne Momente meiner Krankheit auch waren, so dankbar bin ich für die Erfahrung, auf wen in seinem Leben man sich uneingeschränkt auch in der schwersten Zeit verlassen kann.“
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