Krebs und Yoga


Krebspatientin macht Yoga

Christine geht seit Jahren regelmäßig zu Krebsfrüherkennungsuntersuchungen. So konnte ihre Brustkrebserkrankung mit 47 Jahren früh diagnostiziert werden.

Für ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden praktiziert die Krebspatientin bereits seit zehn Jahren Yoga. Mit ihrem Yogaangebot für Krebspatienten und -patientinnen möchte sie auch anderen Betroffenen helfen, ihre Lebensqualität während und nach der Krebsbehandlung zu steigern. 

Die in der Rubrik „Erzähl Deine Geschichte“ vorgestellten Texte schildern die individuellen Erfahrungen von Krebspatienten und lassen sich nicht auf andere Fälle übertragen. Fachliche Informationen der Deutschen Krebshilfe finden Sie im Text verlinkt.

Erfahrungsbericht: Krebs und Yoga

„Nachdem ich von meinem Brustkrebs erfuhr, ging alles ganz schnell: Eine Woche nach der Stanzbiopsie stand schon die OP an. Ich musste also innerhalb weniger Tage beruflich und privat alles für meinen vorübergehenden Ausfall vorbereiten. Zudem war ich gerade mitten in der Yoga-Ausbildung. Die Abschluss-Prüfung habe ich dann abgesagt, denn nach der OP stand die finale Auswertung meines pathologischen Befunds an und ich konnte zu dem Zeitpunkt nicht einschätzen, wie es weiter gehen würde.“

Portraitbild von Yogalehrerin Christine Fischer

Yoga bei Brustkrebs

„Yoga nach Entfernung der Lymphknoten? Gar nicht so einfach zunächst, denn nach der OP war es plötzlich schwierig, den Arm zu heben. Zu der Zeit bekam ich ein Buch über Yoga und Krebs geschenkt und fing an, mich einzulesen und Übungen für Yoga mit Krebs auszuprobieren. Ich stellte schnell fest:

Während der Bestrahlung genießt Krebspatientin Christine häufig die Natur
Yoga und Natur gaben mir während der Behandlung Kraft. Hier bin ich mit meiner Cousine in der Natur unterwegs. In dieser Zeit habe ich immer wieder Glücksklee-Blätter gefunden.

Yoga mit Krebs ist eine ganz andere Hausnummer!

Wäre vor meiner Krebserkrankung jemand in meinen Kurs gekommen und hätte den Arm nicht hochheben können, hätte ich mich im Stillen gewundert: „Was ist denn da los?!“ Welche körperlichen Folgen Krebserkrankungen und Krebstherapien haben können, war mir bis dato nicht bewusst.“

Die Krebsbehandlung: Yoga gab mir Halt

„Zwei Wochen nach der OP erhielt ich erneut schlechte Nachrichten: Man müsse eine Nachsektion machen. Das war ein harter Schlag, denn damit habe ich nicht mehr gerechnet. Ich dachte ganz naiv: „Das Ding ist jetzt draußen und gut ist.“ Stattdessen musste ich erneut operiert werden und es war unklar, ob die Brust entfernt werden müsse. Nach der zweiten OP musste ich weitere 8 Wochen warten, bis ich wusste, wie es weitergeht: Bestrahlung, Antihormontherapie, genetische Beratung und mehr. So viel Ungewissheit und Angst war da, dass sich solche Situationen für mich wie „nicht-aushaltbar“ angefühlt haben. In diesen Phasen habe ich immer wieder versucht, mich mit Yoga und Atemübungen runterzuholen und zu erden. Dabei habe ich vor allem Standübungen gemacht, damit die Arme nicht so belastet werden.“

waehrend der Bestrahlung findet Yogalehrerin Christine Kleeblätter im Wald
Meine Glücksblatt-Serie begann mit einem Strauß 4-blättriger Kleeblätter in der Strahlenklinik. Seither finde ich immer wieder welche. Das half mir während der Therapie, positiv zu denken.

Studien zeigen, dass Yoga in bestimmten Fällen eine gute Unterstützung für Krebspatienten sein kann. Genaueres ist nachzulesen in der Patienten-Leitlinie zur Komplementärmedizin.

Yoga zählt hier neben Meditation, Tai Chi und Co. zu den „Mind-Body-Verfahren“, die sich den wechselseitigen Einfluss von Psyche und Körper zunutze machen. Weitere komplementärmedizinische Verfahren sind „manipulative Körpertherapien“ – passive Therapieformen, die das Gewebe des Bewegungsapparates beeinflussen sollen – und „biologische Therapien“ durch Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe, Krebsdiäten etc.

Bewegungs- und Entspannungsangebote für Krebspatienten

„Für Krebsbetroffene ist es wichtig, dass sie hinter den Sachen her sind, sich nicht abspeisen lassen und für ihre Rechte einstehen. Diese Erfahrung musste ich selbst leider immer wieder machen.

Das gilt nicht nur für die Vergabe eines schnellstmöglichen Termins, sondern trifft eben auch auf Angebote zu wie „Yoga für Krebspatienten und -patientinnen“. Schließlich wusste ich – obwohl ich schon in der „Yogabubble“ war – vor der Erkrankung nicht einmal, dass es spezielle Yogaangebote für Krebspatienten und -patientinnen gibt. Deshalb finde ich es wichtig, auf die Angebote hinzuweisen. Denn viele Betroffene gehen weiter ins „normale Yoga“ und haben keine Lehrerinnen oder Lehrer, die auf ihre Bedürfnisse sensibilisiert sind.“

Krebspatientin macht draußen Yoga auf Decken

Yoga und Krebs – Ausbildung

„Schon während der Strahlentherapie habe ich damit geliebäugelt, eine Yoga- und Krebsausbildung zu machen. Also habe ich kurzerhand Gaby Nele Kammler nach einem Termin gefragt, die als Ausbilderin in dem Gebiet bekannt ist.

Sie unterrichtet schon 10 Jahre lang „Yoga bei Krebs“, führt Seminare für die Mildred Scheel Akademie der Deutschen Krebshilfe durch und lehrt andere Yogalehrerinnen und -lehrer, wie sie in ihrem Unterricht auf die besonderen Bedürfnisse der Krebsbetroffenen eingehen können. Gaby Kammler riet mir jedoch, zunächst zu Kräften zu kommen, was ich mir glücklicherweise zu Herzen nahm.“

Besonderheiten bei Yoga mit Krebs

„In der Ausbildung „Yoga und Krebs“ habe ich viel zum Nebenwirkungsmanagement gelernt: Wie kann ich Patientinnen und Patienten unterstützen, wenn Sie Fatigue haben, also unter chronischer Erschöpfung leiden? Wie kann ich bei Polyneuropathien meine Yoga-Übungen abwandeln? Wie gehe ich mit Osteoporose um?

Krebspatientin genießt die gute Aussicht und sitzt in einem Liegestuhl

Wir haben auch gelernt, dass man Betroffene nicht im Shavasana alleine liegen lässt, sondern stattdessen z.B. eine „Heilreise“ oder geführte Meditation macht. So möchte man verhindern, dass das typische Gedankenkarussell anspringt und Ängste hochkommen bis hin zu Panikattacken.“

Die Dr. Mildred-Scheel-Akademie der Deutschen Krebshilfe bietet einen Online-Kurs zum Thema „Yoga für Krebsbetroffene“ an. Es handelt sich um eine speziell konzipierte, sichere und sanfte Yogapraxis, die auf die besonderen Bedürfnisse während einer Krebserkrankung ausgerichtet ist.

→ONLINE-KURS: YOGA FÜR KREBSBETROFFENE

Christine im gelben indischen Gewand

Yoga und Krebs – Angebote

„Obwohl das Thema Yoga für Krebsbetroffene noch recht unbekannt ist, gibt es ein breites Angebot. So sollte jeder in seiner Stadt den passenden Kurs finden. Ansonsten gibt es Online-Angebote – mit Heimvorteil – wie das der Deutschen Krebshilfe.

Gerade während der Chemotherapie oder Immuntherapie bin ich erschöpft und wenn ich dann noch irgendwo hinfahren muss, wird das schnell zur unüberwindbaren Hürde. Wenn ich zudem auf meine Leukozyten achten muss, ist es nicht gut, mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Da sind Online-Yoga-Kurse für Krebspatienten und -patientinnen praktisch.

Den einen Yoga-Stil für Krebspatienten und -patientinnen gibt es nicht. Generell ist es aber wichtig, dass ich eine Yogalehrerin oder einen Yogalehrer habe mit einer fundierten Yoga-Krebs-Ausbildung. Ob die aus dem Hatha Yoga, Yin Yoga oder Kundalini Yoga kommt, ist zweitrangig. Ein Power Yoga würde ich persönlich nicht empfehlen. Aber generell sind erstmal alle Yoga-Arten geeignet.“

Yoga: Brustkrebs und Co. sind kein Hindernis!

„Brustkrebs-Yoga wie auch Yoga mit anderen Krebsarten ist unter gewissen Vorsichtsmaßnahmen möglich und sogar positiv für das Wohlbefinden der Krebspatienten und -patientinnen.

Christine im Urlaub am Meer bei einer Wanderung

Da in meinem Yogakurs viele Brustkrebspatientinnen sind, machen wir z.B. keine Übungen in der Bauchlage. Zudem machen wir nicht den herkömmlichen Drehsitz, weil ich nicht wissen kann, inwieweit bei den Teilnehmerinnen die Osteoporose fortgeschritten ist oder Metastasen entstanden sind. Den herabschauenden Hund machen wir ebenfalls nicht, denn das wäre nicht gut, wenn jemand Bluthochdruck hätte – was durch Medikamente entstehen kann. Zudem könnte es bei solchen Kopf-Über-Übungen sein, dass etwas verrutscht oder herausfällt, wie Brustprothesen, Mützen oder Perücken. Darauf nehme ich Rücksicht, da ich möchte, dass sich alle wohl fühlen.“

Die Bedürfnisse der Krebsbetroffenen sind individuell. Die Yogalehrerin / der Yogalehrer sollte deshalb immer ein Einzelgespräch suchen und anhand der Vorgeschichte klären, welche Einschränkungen bestehen.

„Wenn jemand Fatigue und Schwindel hat, kann ich auch keine Stehübung anleiten, sondern muss schauen, dass wir viele Übungen im Sitzen machen. Die Person könnte auf einem Stuhl mitmachen, sich an der Wand abzustützen oder eine andere Übung machen. Irgendeine Alternative gibt es immer.“

Christine Fischer macht Yoga mit Krebs

Wann ist Yoga mit Krebs nicht ratsam?

„Wenn jemand Metastasen hätte, würde ich eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Arzt erfragen und wissen wollen, wo diese sitzen, sodass ich besser einschätzen kann, worauf zu achten ist. Auch bei Osteoporose müsste ich wissen, wie weit es fortgeschritten ist, da es sonst bei zu starken Drehungen zu Schäden der Wirbelsäule kommen kann.

Es ist auch möglich, Yoga während der Chemotherapie zu machen. Da muss man allerdings den Port berücksichtigen und darf keine intensiven Dehnungen im Brustbereich machen. Als Lehrerin möchte ich für die eigenen Grenzen sensibilisieren.“

„JEDER kann Yoga machen! Wer atmen kann, kann Yoga machen – ganz unabhängig von Konstitution, Beweglichkeit, Gewicht oder Geschlecht. Es muss nur richtig angeleitet werden, damit es insbesondere bei einer schwerwiegenden Erkrankung wie Krebs hilfreich sein kann.“ – Gaby Kammler (Expertin Yoga und Krebs)

Diagnose Krebs: Yoga kann helfen, damit umzugehen

„Ich finde, dass Yoga wunderbar ist, um seinen Geist zur Ruhe zu bringen und wieder klare Gedanken zu fassen. Schließlich folgt nach der Diagnose häufig das „typische Gedankenkarussell bei Krebs“ und alles ist schlecht und negativ. In solchen Zeiten ist es gut, zu wissen, wie man sich regulieren kann. Das funktioniert beispielsweise über den Atem. Zudem kann ich meine Füße auf den Boden stellen und mich gedanklich mit dem Boden verwurzeln. Auch das Mantra-Singen finde ich sehr heilsam – für mich ist es wie ein „Telefonat mit meiner Seele“.

Krebspatientin macht Yoga

Kommt Yoga für mich in Frage?

„Yoga hat oft einen „höher-schneller-weiter“-Anspruch. Wenn ich nach Bildern zum Thema suche, sehe ich bewegliche, schlanke Mädchen. Da braucht man sich nicht wundern, wenn man sich – vielleicht sogar mit körperlichen Einschränkungen durch eine Krebstherapie – nicht in ein Yogastudio traut. Dabei musst du dich beim Yoga nicht in komplizierten Figuren verrenken – auch bewusstes Atmen kann schon Yoga sein. Es kommt also für alle in Frage. Man sollte nur ein Studio finden, das auf Krebs spezialisiert ist. Und ansonsten: Einfach ausprobieren!

Auch Familienangehörige sind bei mir herzlich eingeladen. Schließlich sind sie in gewisser Weise auch betroffen, denn auch sie sind seit der Diagnose voller Sorgen. Meine Empfehlung ist, einen Termin für eine Schnupperstunde zu vereinbaren und im Vorfeld mit dem Trainer über die Diagnose sowie Operationen, Therapien und Nebenwirkungen zu sprechen. Sollte man sich nicht direkt in einer Gruppe wohlfühlen, kann man häufig auch Yogaeinzelstunden nehmen.“

Yoga und Krebs Übungen: PDF zum Download

„Du suchst Übungen und Tipps für Yoga für Krebspatienten und -Patientinnen? Dann schau gern mal in dieses Dokument – darin habe ich einige ausgewählte Übungen erklärt:“

Sie möchten mehr zum Thema „Bewegung und Sport bei Krebs“ erfahren? Dann informieren Sie sich hier:

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