Haarausfall nach Chemotherapie – Neles Erfahrungen


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Vorübergehender Haarausfall gehört zu den möglichen Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Im folgenden Beitrag erzählt uns Nele von ihren Erfahrungen zum Haarausfall nach ihrer Chemotherapie.

Die in der Rubrik „Erzähl Deine Geschichte“ vorgestellten Texte schildern die individuellen Erfahrungen von Krebspatienten und lassen sich nicht auf andere Fälle übertragen. Fachliche Informationen der Deutschen Krebshilfe finden Sie im Text verlinkt.

„Seit jeher sind Haare ein wichtiger Bestandteil des äußeren Erscheinungsbildes. Quasi unser Aushängeschild. Sie lassen erahnen, was für ein Typ Mensch unter ihnen steckt. Helfen uns aufzufallen, oder schaffen Sichtschutz. Springen wie wild umher, sind manchmal kaum zu bändigen. Können glatt und in sich ruhend sein. Haare können einen Hinweis darauf geben, wie es uns geht.“

Brustkrebs mit 29 Jahren

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„Letztes Jahr hat mein Leben eine ganz neue Wendung genommen. Ich habe mit 29 Jahren Brustkrebs bekommen. Natürlich ungefragt und unverhofft. Es gab kein Veto, das ich einlegen konnte. ‚Ganz schön unfair‘ fragst du dich? Klar, da ist was dran, dennoch passiert es eben einfach. Und das leider gar nicht so selten: Statistisch gesehen erkrankt jede 8. Frau innerhalb ihres Lebens an Brustkrebs und ich gehöre dazu.

Betretenes Schweigen. Der Blick wandert von links nach rechts, sucht unruhig den Raum ab und findet: nichts.

Krebs ist nicht greifbar, aber dennoch allgegenwärtig. Ist Meister im Nicht-Auffallen, schlummert vor sich hin. Spielt verstecken. Und sobald er gefunden wird, beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel. Man setzt alles daran, ihn komplett ausfindig zu machen und zu vertreiben. Man sucht das Haar in der Suppe und das ist in diesem Fall gut so.“

Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Jedes Jahr erkranken in Deutschland nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts Berlin etwa 66.800 Frauen und 770 Männer neu daran. Zunehmend sind auch Jüngere betroffen.

Haarausfall: Krebs bringt Veränderung

„Krebs bringt Veränderung, ob man will oder nicht. Und spätestens, wenn man eine Chemotherapie verordnet bekommt, fasst man sich unweigerlich auf den Kopf. Wuschelt durch die Haare, immer langsamer und strauchelt. Fragt sich, was da so kommen wird. Man sagt, mit der Frisur steht und fällt ein Outfit. Was ist aber, wenn da bald gar keine Haare mehr sind?

Man würde sich wünschen, dieser Gedanke sei an den Haaren herbeigezogen, aber einige Zytostatika, die innerhalb der Chemotherapie gegeben werden, führen unweigerlich zum kompletten Haarverlust.“

Bei einer Chemotherapie greifen die verabreichten Medikamente (Zytostatika) in ganz spezieller Weise in den Teilungsvorgang der Krebszellen ein: Entweder stoppen sie das Wachstum der Zellen oder sie verhindern, dass sich die Zellen vermehren. Dabei wirken Zytostatika vor allem auf sich teilende Zellen. Da Tumorzellen sich ständig vermehren, werden vor allem diese geschädigt. Allerdings greifen Zytostatika auch gesunde Zellen an, die sich oft teilen, etwa die Schleimhaut- und Haarwurzelzellen. So entsteht vorübergehender Haarausfall bei einer Chemotherapie.

Haarausfall: So verlor Nele ihre Haare

„Meine Haare verlor ich nach der zweiten Chemogabe. Ich wusste zwar, dass es passieren wird, aber von dem Moment, wenn es dann tatsächlich losgeht, wird man trotzdem überrumpelt.

Bei mir war es einer dieser Abende, an dem ich übermüdet viel zu spät ins Bett ging. Als ich dann über dem Waschbecken mein Gesicht wusch und es mit dem Handtuch abtrocknete, bemerkte ich die Haare darin. Feine Strähnen, die sich an den Schläfen gelöst und verabschiedet hatten. Sang und klanglos. Ohne mal richtig tschüss zu sagen. Wie unhöflich!

Ich war ziemlich ungläubig. Das sollte nun der Moment sein, an dem ich meine langen Haare abgeben muss? Klar ist es ein Verlust, den ich akzeptieren musste, aber er sollte nicht die Macht bekommen, über mich zu bestimmen. Also griff ich selbst zur Schere. Nachts. Schlagartig wieder hellwach und probierte drauf los. Zuerst gab es einen Pony, kurz darauf folgte der Bob.“

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Klar ist es ein Verlust, den ich akzeptieren musste, aber er sollte nicht die Macht bekommen, über mich zu bestimmen.

Im geschützen Raum fiel der Rest

„Der Rest kam dann am nächsten Morgen feinsäuberlich in einem Zweithaarstudio ab. Sehr beschützt, in einem separaten Raum, von den Blicken der anderen behutsam abgeschirmt. Meine Perücke hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon. Perücken sind nicht jedermanns Sache, aber falls man sich vorstellen kann, eine zu tragen, ist es ratsam, sich kurz nach Bekanntgabe der Therapieform, ans Ausprobieren der unterschiedlichen Modelle zu machen.

Wie bei vielen anderen Hilfsmitteln auch schnellen die Preise hierbei zügig in die Höhe. Tröstlich ist, dass sich die Krankenkassen in der Regel an dem Kaufpreis beteiligen, die Zuschüsse variieren hierbei aber stark je nach Kasse, Rezept- und Modell.

Kunsthaarperücken sind weitaus günstiger als Misch- oder letztendlich Echthaarvarianten. Und gerade weil man unter Umständen tief in die Tasche greift, lasst euch gut beraten, ob ihr eine Perücke möchtet und welche am besten zu euch passt. Auch wenn es anfangs etwas unbehaglich ist, habt den Mut auszuprobieren! Manch eine hat sich dadurch auch schon komplett neu erfunden.“

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich der Haarausfall auf dem Kopf in einigen Fällen deutlich verringern lässt, wenn die Kopfhaut vor der Chemotherapie gekühlt wird. Fragen Sie Ihren Arzt danach.

Perücke: Für Nele ein Stück Normalität

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„Da ich gerne frisiere, habe ich mich für eine Echthaarperücke in meiner ursprünglichen Haarlänge entschieden. Im Vergleich zu anderen Modellen kam meine Perücke ohne Schnitt bei mir an, sodass ich sie dann beim Frisör individuell an meine Gesichtsform habe anpassen lassen.
Jetzt die Frage aller Fragen: Hat sich die Anschaffung gelohnt? Für mich persönlich ja. Die Perücke hat mir, als alles erstmal im Umbruch war, nach außen hin ein Stück Normalität zurückgegeben. Im Zuge meiner Behandlung habe ich aber auch immer häufiger zur Mütze gegriffen. Die hat mich vor allem nachts über die Wintermonate warm gehalten. Da war ja nichts mehr an eigenen Haaren, was wärmt.
Das gewohnte Aussehen verändert sich im Zuge der Therapie immer mehr. Die gesamte Körperbehaarung kann ausfallen, das macht auf der einen Seite unglaublich glatte Beine, auf der anderen aber auch sehr kahl, wenn Augenbrauen und Wimpern fehlen. Das ist aber nichts, was man nicht modifizieren kann. Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten sich Wimpern zu kleben, Augenbrauen aufzumalen oder tätowieren zu lassen.“

Die Perücke hat mir, als alles erstmal im Umbruch war, nach außen hin ein Stück Normalität zurückgegeben.

Haarausfall nach Chemo: Die Blicke der anderen

„Natürlich zeugt es von unglaublicher Stärke, unverhüllt sein neues Ich zu zeigen, manchmal tut es aber auch gut, das Kranksein optisch verbergen zu können. Denn mit Glatze oder auch Mütze – vor allem im Sommer – erregt man Aufmerksamkeit. Man zieht die Blicke auf sich. Die Leute gucken eben. Mal mehr, mal weniger bewusst.

Ich habe gelernt, diese Blicke zuzulassen, außenstehenden zuzugestehen. Das war alles andere als einfach! Ich habe daran festgehalten, gesund zu werden und meine Mähne wiederzuerlangen.

Jetzt sitze ich auf der Terrasse, Sonnenstrahlen wärmen mein Gesicht. Ich nehme einen Schluck Kaffee und schreibe meine Gedanken nieder. Der Wind streift seicht meine kurzen, aber dichten Haare. Chemolocken vom Feinsten. Neuer Lebensmut in Hülle und Fülle! Jeden Tag entdecke ich etwas mehr von meinem neuen Ich.

Und ich verrate euch was. Ich liebe, was ich sehe!

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Der Haarausfall bei einer Chemotherapie ist vorübergehend. Nach Abschluss der Behandlung wachsen die verlorenen Haare im Regelfall wieder nach. Etwa drei Monate nach dem letzten Zyklus sind die Kopfhaare oft schon wieder so lang, dass die meisten Menschen ohne Perücke auskommen. Körperhaare wachsen langsamer, benötigen also etwas mehr Zeit, bis sie nachgewachsen sind.

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