Langzeitüberlebende nach Krebs: „Es gibt ein Davor und ein Danach.“
Es ist eigentlich eine gute Nachricht: Immer mehr Menschen überleben ihre Krebserkrankung. Doch Krankheit und Therapie hinterlassen Spuren. Zwei Betroffene erzählen von den Herausforderungen, denen sie sich auch Jahre nach der Erkrankung stellen.

Das Leben nach der Krebserkrankung
Die Folgen einer Krebserkrankung sind so vielfältig wie die Patienten selbst. Während einige Betroffene nach dem Ende ihrer Therapie wenige oder sogar keine Beschwerden haben, ist für andere nichts mehr, wie es vorher war. Erschöpfung, chronische Schmerzen und Nervenschäden sind nur wenige Beispiele dafür, welche langfristigen körperlichen Folgen eine Krebserkrankung nach sich ziehen kann. Daneben stehen einige Betroffene auch vor psychischen Herausforderungen wie der Angst vor einer erneuten Diagnose. Dazu können grundlegende existentielle Sorgen kommen, etwa wenn der Beruf wegen körperlicher oder geistiger Einschränkungen nicht mehr ausgeübt werden kann.

Fabias Erfahrungen
„Die Krankheit schimmert in vielen meiner Lebensbereiche durch. Sie gehört zu mir und zu meiner Identität.“
Durch die Therapie sind zum Beispiel ihre Knochen so geschädigt, dass sie schon bald auf eine künstliche Knieprothese angewiesen sein wird.
Doch die 21-Jährige blickt vor allem auf die positiven Seiten ihrer Erfahrung: „Durch diese Herausforderung im jungen Alter habe ich den Wert der kleinen, bis dahin selbstverständlichen Dinge wertschätzen gelernt.“

Otmars Geschichte
„Ich muss mein Essverhalten ändern, am Tag sechs kleine Mahlzeiten statt drei große zu mir nehmen.”
Bei der OP musste ein Nerv mitentfernt werden, der für die Verdauung entscheidend ist und dessen Funktion lebenslang durch Medikamente ersetzt werden muss. Mit dem Verlust dieses Nervs verlor Otmar auch das Hunger- und Sättigungsgefühl. Sodbrennen ist ein ständiger Begleiter geworden, sodass er nicht mehr flach liegen kann, sondern immer in einer erhöhten Liegeposition schlafen muss.
„Während der Behandlung hat man mit so vielen Menschen Kontakt. Doch von diesen 60, 70 Leuten hat nicht einer proaktiv gesagt: 'Passen Sie auf, Ihr Leben ändert sich.'“
Die Nachsorge am Patienten ausrichten
Obwohl jede und jeder Krebserkrankte Anspruch auf eine medizinische Nachsorge hat, fühlen sich viele nach Abschluss der Therapie allein gelassen. Denn während die Behandlung in der Regel engmaschig durchgetaktet ist, müssen sie sich danach oft selbst mühsam zusammensuchen, welche Angebote es gibt, um den Weg zurück in den Alltag zu finden und mögliche Folgen der Erkrankung abzumildern. Um diese Versorgungslücke zu schließen, hat die Deutsche Krebshilfe daher ein neues Förderschwerpunktprogramm initiiert, in dem Konzepte erarbeitet werden sollen, um Betroffene auch noch lange nach Abschluss der medizinischen Therapie zu unterstützen. Eines der geförderten Projekte ist das „Leben nach Krebs“-Programm am Universitären Cancer Center Hamburg, das in diesem Januar unter der Leitung von der Onkologin PD Dr. Marianne Sinn und der Psychoonkologin Prof. Dr. Isabelle Scholl gestartet ist.
„Wir stellen den Betroffenen nicht nur einen umfänglichen medizinischen Nachsorgeplan aus. Sie bekommen individuelle Unterstützung, zum Beispiel bei psychologischen und sozialrechtlichen Fragen, erhalten aber auch andere Angebote, wie Sport- und Ernährungstherapien. Das soll es Betroffenen erleichtern, ihren Alltag mit allen Folgen der Erkrankung so gut wie möglich zu bestreiten.”
PD Dr. Marianne Sinn
8 Millionen Euro für die Krebsnachsorge
Der neue Förderschwerpunkt „Langzeitüberleben nach Krebs“ umfasst die beiden Programme „Datenerhebung und Datenanalyse“ sowie „Innovative Versorgungsmodelle“. Für insgesamt elf Forschungsprojekte stellt die Deutsche Krebshilfe acht Millionen Euro bereit. Ziel ist, die Situation der Betroffenen besser zu verstehen und ihre Versorgung zu verbessern.
„In Deutschland leben viele Langzeitüberlebende mit eingeschränkter Lebensqualität. Ihre Zahl wird in Zukunft weiter ansteigen und damit auch die Notwendigkeit, die erheblichen Versorgungslücken in diesem Bereich zu schließen. Mit den beiden Förderprogrammen gehen wir dieses Thema wissenschaftlich und strategisch an.“
– Dr. Franz Kohlhuber, Vorstandsvorsitzender Deutsche Krebshilfe
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