Multiples Myelom (Plasmozytom)
Beim Multiplen Myelom (Plasmozytom) handelt es sich um eine Krebserkrankung, bei der sich Zellen der eigenen Körperabwehr (Plasmazellen) anormal verändert haben. Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 6.710 Menschen neu daran. Für das Multiple Myelom gibt es keine Früherkennungsuntersuchung.
Multiples Myelom – Was sind die Ursachen?
Warum ein Mensch am Multiplen Myelom, auch Kahler-Krankheit oder Morbus Kahler, erkrankt, ist nicht eindeutig geklärt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben aber einige Faktoren nachweisen können, die das Erkrankungsrisiko für diese Krebserkrankung erhöhen. Dazu gehört etwa ein hohes Lebensalter.
Krebs ist der Überbegriff für bösartige Gewebeneubildungen (Tumoren), die aus entarteten Zellverbänden entstehen. Diese Veränderungen entstehen am Erbgut der Zelle und sind der entscheidende Schritt von einer normalen Zelle zu einer bösartigen Tumorzelle. Eine so entstandene Tumorzelle vermehrt sich dann, bis schließlich viele Millionen Zellen eine Geschwulst bilden.
Fakt: Beim Multiplen Myelom vermehren sich Plasmazellen im Knochenmark ungezügelt.
Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 9,0 von 100.000 Männern und 7,1 von 100.000 Frauen an einem Multiplen Myelom. Insgesamt erhalten etwa 6.710 Menschen pro Jahr die Diagnose Kahler-Krankheit. Das mittlere Erkrankungsalter liegt für Männer bei 72, für Frauen bei 74 Jahren.
Was sind die Bestandteile des Blutes?
Die Blutmenge eines Erwachsenen beträgt etwa ein Zwölftel seines Körpergewichts. Blut besteht aus verschiedenen Teilen und erfüllt im Körper zahlreiche lebenswichtige Aufgaben. Wofür wird es benötigt? Wie ist es zusammengesetzt?
Die normale Blutmenge beträgt bei einem 70 kg schweren Erwachsenen etwa fünf bis sechs Liter. Über den Blutgefäßkreislauf versorgt es die Gewebe mit Sauerstoff und anderen wichtigen Nährstoffen sowie mit Enzymen und Hormonen. Gleichzeitig transportiert es Kohlendioxid und Stoffwechselprodukte ab, reguliert die Körperwärme und befördert Zellen. Somit dienen die Blutbestandteile dazu, das Gleichgewicht des Körpermilieus aufrechtzuerhalten und alle Organe in unserem Körper zu versorgen.
Blut besteht aus verschiedenen Bestandteilen, die richtig zusammengesetzt sein müssen, damit ein Mensch sich wohlfühlt und gesund ist.
Etwa die Hälfte des gesamten Blutes besteht aus Blutplasma, das im Wesentlichen aus Wasser und Eiweißen besteht. Die andere Hälfte des Blutes bilden die Blutkörperchen. Diese unterteilen sich in drei Arten: rote Blutkörperchen (Erythrozyten), Blutplättchen (Thrombozyten) und weiße Blutkörperchen (Leukozyten).
Rote Blutkörperchen (Erythrozyten)
Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sind die am zahlreichsten im Blut vorhandenen Blutkörperchen. Die roten Blutkörperchen werden im Knochenmark gebildet und in der Milz abgebaut. Im Durchschnitt leben sie etwa 120 Tage.
Die wichtigste Aufgabe der Erythrozyten ist, den Sauerstoff, der mit der Lunge aus der Atemluft aufgenommen wird, durch die Blutgefäße in die Gewebe zu transportieren. Der rote Blutfarbstoff, das Hämoglobin (Hb), dient dabei als Transportmittel. Ist zu wenig roter Blutfarbstoff vorhanden, besteht eine Blutarmut (Anämie). Bei einer schweren Blutarmut kann Sauerstoff nicht mehr ausreichend transportiert werden, um die Organe des Körpers zu versorgen, und es treten Symptome wie Müdigkeit, Luftnot, Herzrasen, Schwäche oder Kopfschmerzen auf. Dass roter Blutfarbstoff fehlt, kann mehrere Gründe haben: Entweder ist zu wenig Hämoglobin in den roten Blutkörperchen vorhanden oder die Anzahl, Lebensdauer oder Bildung der roten Blutkörperchen ist vermindert. Das Auftreten der beschriebenen Symptome ist variabel und hängt von der Menge des Hämoglobins sowie der individuellen Anpassungsfähigkeit ab. Anhand des „Hb-Wertes“ und entsprechender Symptomatik wird darüber entschieden, ob eine Blutübertragung (Transfusion) notwendig ist.
Blutplättchen (Thrombozyten)
Die Blutplättchen (Thrombozyten) sind die kleinsten Blutkörperchen und haben ihren Namen nach ihrer Funktion erhalten (griechisch thrombos: Klumpen, Pfropf). Sie werden ebenfalls im Knochenmark gebildet und in der Milz abgebaut. Sie leben durchschnittlich acht bis zwölf Tage.
Die Thrombozyten dichten bei einer Verletzung die Wände der Blutgefäße ab, indem sie innerhalb kürzester Zeit an den verletzten Stellen Verschlüsse bilden. Später zerfallen diese Plättchen und setzen Substanzen frei, die die Gerinnungsfaktoren des Blutplasmas aktivieren, um die Blutung zu stillen. Folglich sind Anzeichen für eine zu niedrige Thrombozytenzahl zum Beispiel Nasenbluten und kleine Hautblutungen (Petechien). Bei Frauen können verstärkte Regelblutungen auftreten.
Weiße Blutkörperchen (Leukozyten)
Die Leukozyten sind bei gesunden Menschen im Vergleich zu anderen Blutkörperchen nur in geringer Menge im Blut vorhanden. Sie haben die Aufgabe, Krankheitserreger abzuwehren, daher sind sie ein essenzieller Bestandteil des Immunsystems. Außerdem beseitigen sie Abfallstoffe, die entstehen, wenn Körperzellen zerfallen.
Die Leukozyten teilt man wiederum in drei Gruppen auf: Mit 52 bis 85 Prozent machen die Granulozyten den größten Anteil aus; 25 bis 40 Prozent sind Lymphozyten, zwei bis neun Prozent sind Monozyten. Jede Untergruppe erfüllt eine andere, spezifische Funktion.
Granulozyten
Die Granulozyten wurden nach den in ihnen vorhandenen Körnchen (lateinisch granula) benannt. Sie leben sechs bis acht Stunden im Blut. Danach verlassen sie die Blutbahn und wandern in die Gewebe, wo sie weitere zwei bis drei Tage leben.
Gut zu wissen: Granulozyten können Keime abtöten. Sie sind daher sehr wichtig für die Infektionsabwehr.
Wenn Sie einen Laborausdruck mit Ihren Blutwerten erhalten, kann es sein, dass die Granulozyten noch weiter unterteilt werden. Für die Infektabwehr am wichtigsten ist dabei die Gruppe der neutrophilen Granulozyten, kurz Neutrophile (neutrophil beschreibt eine bestimmte Anfärbung der Körnchen in den Zellen). Sie werden noch weiter unterteilt in stabkernige (= junge) und segmentkernige (= reife) Neutrophile.
Es gilt also:
Anzahl der stabkernigen + segmentkernigen Neutrophilen = Gesamtzahl der Neutrophilen.
Eosinophile Granulozyten sind bedeutsam für die Abwehr gegen Parasiten. Basophile Granulozyten spielen eine wichtige Rolle bei allergischen Reaktionen.
Lymphozyten
Die Lymphozyten werden bei Erwachsenen in Knochenmark und Bries (Thymus), bei Feten in der Leber gebildet. Der erste Kontakt mit den als fremd erkannten Stoffen (Antigenen) sowie die Spezialisierung (Differenzierung) der Lymphozyten findet in den sogenannten sekundären lymphatischen Organen (Lymphknoten, Milz, Rachenmandeln, Wurmfortsatz) statt. Die Lymphozyten gelangen hauptsächlich über die Lymphbahnen ins Blut. Man unterscheidet B- und T-Lymphozyten. Die B-Lymphozyten reifen in den Lymphknoten und im Knochenmark zu sogenannten Plasmazellen heran. Diese Plasmazellen sind ein Teil des spezifischen Immunsystems. Dabei produziert jede Plasmazelle verschiedene Antikörper und versetzt so das menschliche Abwehrsystem in die Lage, auf verschiedene Krankheitserreger individuell zu reagieren.
Fakt: Beim Multiplen Myelom liegt eine krankhafte Veränderung dieser Plasmazellen vor. Die krankhaften Plasmazellen werden auch Myelomzellen genannt.
Monozyten
Die Monozyten sind die größten im Blutausstrich sichtbaren Zellen. Sie bilden zusammen mit den sogenannten Fresszellen (Makrophagen) ein Abwehrsystem, das jegliche Gewebetrümmer, Fremdkörper oder kleinste Organismen aufnimmt (phagozytiert, phagos altgriechisch für „fressen“). Das gefressene Fremdmaterial wird von den Makrophagen zerkleinert und an spezielle Lymphknoten weitergegeben, um eine individuelle Abwehr gegen den Krankheitserreger, etwa durch die oben erwähnten Plasmazellen, anzuregen.
Blutbild
Wenn Ihr Arzt Ihr Blut im Labor untersucht – sprich ein Blutbild macht – dann erfährt er genau, wie Ihr Blut aus den oben beschriebenen Bestandteilen zusammengesetzt ist. Im Rahmen Ihrer Erkrankung werden Sie immer wieder die Blutwerte hören, die diese Zusammensetzung genau beschreiben. Die Normwerte dieses Blutbildes finden Sie in der folgenden Tabelle.
Erythrozyten | 4,3 – 6,1 Mio / µl | |
Thrombozyten | 150.000 – 440.000 / µl | |
Leukozyten | 4.000 – 10.000 / µl | |
Hämoglobin | Männer | 13 – 17 g / 100 ml |
Frauen | 12 – 15 g / 100 ml |
1 µl ist ein Mikroliter, also ein millionstel Liter (0,000001 l)
Beim sogenannten Differenzialblutbild zählt der Arzt unter dem Mikroskop, in welcher Menge die verschiedenen weißen Blutkörperchen (Granulozyten, Monozyten, Lymphozyten) sowie deren unreife Vorstufen (Blasten) oder andere auffällige Zellen im Blut vorhanden sind.
Was versteht man unter Blutbildung?
Weiße und rote Blutkörperchen sowie die Blutplättchen gelangen erst nach einem Wachstums- und Reifungsprozess in die Blutbahn. Dieser Prozess findet vor allem im Knochenmark statt. Dort wachsen unreife Vorstufen dieser Blutzellen zu funktionstüchtigen Zellen heran, die dann in das Blut abgegeben werden. Das Knochenmark steht mit dem Blutgefäßsystem direkt in Verbindung.
Die Blutbildung beginnt mit undifferenzierten Zellen, den sogenannten Stammzellen. Diese besitzen die Fähigkeit, sich zu jeder möglichen Blutzelle zu entwickeln. Zunächst entstehen vor allem zwei Hauptarten von Vorläuferzellen, die myeloischen Stammzellen und die lymphatischen Stammzellen. Aus den myeloischen Stammzellen entwickeln sich die Granulozyten, die Thrombozyten, die Monozyten und die Erythrozyten, aus den lymphatischen Stammzellen die Lymphozyten.
Je weiter die Zellen ausgereift sind, desto mehr spezialisieren sie sich. Wenn sie ausgereift sind, werden sie in die Blutbahn ausgeschwemmt, um ihre spezifischen Funktionen zu übernehmen. Die Stammzellen sind enorm leistungsfähig: Beim erwachsenen Menschen werden täglich etwa 300 Milliarden Funktionszellen allein in der myeloischen Reihe neugebildet.
Hinweis: Das Zusammenspiel von Blutbildung, Erhalt und Abbau ist ein sehr wirkungsvoll geregelter Prozess. Wenn sich abnormale Zellen übermäßig vermehren, sind diese Abläufe nachhaltig beeinträchtigt.
Arten der Erkrankung von Plasmazellen (Gammopathien)
Das Multiple Myelom, auch Kahler-Krankheit oder Morbus Kahler genannt, gehört zu einer Gruppe von Erkrankungen, bei denen sich die Plasmazellen übermäßig vermehren (Gammopathien). Diese Zellen produzieren vorwiegend eine Sorte von Antikörpern (Immunglobuline) oder Teile davon (Leichtketten oder Schwerketten).
Unter den Gammopathien zählt das Multiple Myelom zu den monoklonalen Gammopathien. Dabei stammen die Zellen alle von einer einzigen Zelle ab und sind daher genetisch identisch. Entsprechend sind die von ihnen gebildeten Immunglobuline und / oder deren Teile (Leichtketten oder Schwerketten) strukturell und funktionell einheitlich.
Monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS)
Eine MGUS tritt bei ein bis drei Prozent der über 60-Jährigen auf und ist zunächst eine Laborwertauffälligkeit und keine Erkrankung. Sie wird meist zufällig bei Betroffenen festgestellt, die keine Beschwerden haben und bei denen eine Blutuntersuchung erfolgt. Bei einer MGUS handelt es sich um eine potenzielle Vorform des Multiplen Myeloms, bei der sich im Serum nur eine geringe Menge von Paraproteinen als zumeist funktionslose Antikörperfragmente oder Immunglobuline und im Knochenmark ein Plasmazellanteil von unter zehn Prozent.
Weitere Krankheitszeichen, wie Knochenverdünnung, Anämie, Erhöhung der Kalziumkonzentration im Serum und Einschränkung der Nierenfunktion fehlen.
Hinweis: Entscheidend sind für die Betroffenen regelmäßige Kontrolluntersuchungen durch einen Hämatologen oder Onkologen, denn die meist gutartige verlaufende MGUS kann in wenigen Fällen in ein Multiples Myelom oder eine verwandte bösartige Erkrankung übergehen. Eine vorbeugende Behandlung wird nicht empfohlen.
Schwelendes Myelom (Smoldering Myelom)
Das schwelende Myelom (eng. Smoldering Myelom) nimmt eine Mittelstellung zwischen MGUS und Multiplem Myelom ein.
Das Serum enthält hierbei
- Mindestens 30 g/ l Paraproteine und/oder
- Mindestens 10 bis 60 % atypische Plasmazellen im Knochenmark.
Wichtig: Die für das Multiple Myelom typischen Krankheitszeichen fehlen jedoch.
Multiples Myelom
Das Multiple Myelom zählt zu den sogenannten Non-Hodgkin-Lymphomen geht aus den zuvor genannten Erkrankungen MGUS und Schwelendem Myelom hervor.
Hinweis: Ein Multiples Myelom liegt vor, wenn sowohl die sogenannten CRAB-Kriterien sowie mindestens eins der SLiM-CRAB Kriterien erfüllt sind.
CRAB-Kriterien
- C = Kalziumkonzentration (fachsprachlich Calcium) im Blut ist erhöht
- R = Nierenbeteiligung (R für renal = die Nieren betreffend)
- A = Blutarmut (A = Anämie)
- B = Knochenbeteiligung, z. B. Osteolysen oder Brüche (B für engl. bone = Knochen)
SLiM-Kriterien
- S = Anteil der klonalen Plasmazellen im Knochenmark ≥ 60 % (S für sixty)
- Li = Verhältnis der beteiligten zu unbeteiligten Leichtketten im Serum ≥ 100 (Li für light chains)
- M = Mehr als ein lokaler (fokaler) Herd (Läsion) in der MRT (M für MRT)
Die SLiM-Kriterien können auf einen drohenden Organfunktionsausfall und/oder eine Knochenschädigung hindeuten.
Außerdem können beim Multiplen Myelom weitere Symptome begleitend auftreten:
- Infektneigung
- Gewichtsverlust
- Abgeschlagenheit
Plasmazell-Leukämie
Bei einer Plasmazell-Leukämie beträgt der Anteil von Plasmazellen im zirkulierenden (peripheren) Blut über 20 Prozent. Eine Plasmazell-Leukämie kann entweder primär bei der Erstdiagnose eines Multiplen Myeloms vorliegen. Sie kann sich aber auch im Verlauf dieser Erkrankung entwickeln.
Solitäres Plasmozytom des Knochens
Von einem solitären Plasmozytom des Knochens spricht man, wenn nur ein einziger (solitärer) Plasmazellherd in einem Knochen nachgewiesen wird. Im peripheren Blut sind meist keine Paraproteine nachweisbar. Diese Erkrankung lässt sich durch eine alleinige Strahlentherapie in etwa 30 Prozent aller Fälle heilen. Bei manchen Patienten ist es notwendig, den befallenen Knochen zu operieren.
Hinweis: Im englischen Sprachgebrauch wird der Begriff Plasmozytom oft für das solitäre Plasmozytom verwendet, während die ausgebreitete Erkrankung in der Regel als Multiples Myelom, Kahler-Krankheit oder auch Morbus Kahler bezeichnet wird. Um Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt es sich, den Begriff Plasmozytom als Bezeichnung für das Multiple Myelom zu vermeiden. In diesem Text sprechen wir daher überwiegend vom Multiplen Myelom.
Extramedulläres Multiples Myelom
Beim extramedullären Multiplen Myelom handelt es sich um Herde entarteter Plasmazellen außerhalb des Knochenmarks. Oft sind die oberen Atemwege (Nase, Rachen) betroffen. Dabei können primär extramedulläre Multiple Myelome an einer oder an mehreren Stellen auftreten. Auch Lymphknoten können befallen sein.
Hinweis: Es gibt darüber hinaus auch sekundär extramedulläre Multiple Myelome, die im Rahmen eines bereits bestehenden Multiplen Myeloms wachsen.
Wie wirkt sich die Veränderung der Plasmazellen aus?
Eingeschränktes Immunsystem
Der Plasmazellanteil im Knochenmark beträgt bei gesunden Menschen meist weniger als fünf Prozent. Die entarteten Plasmazellen beim Multiplen Myelom vermehren sich überschießend im Knochenmark und reagieren ungenügend oder gar nicht mehr auf die Kontrollmechanismen des Körpers. Dabei produzieren sie Paraproteine, das heißt Antikörper mit unzureichender oder fehlender Funktion (dysfunktional) oder nur deren Bruchstücke, die auch Leichtketten genannt werden. Ein Charakteristikum der entarteten Zellen beim Multiplen Myelom ist, dass sie nur Antikörper (Immunglobuline) und / oder Leichtketten einer bestimmten Untersorte produzieren: Das Immunglobulin G ist dabei die häufigste übermäßig produzierte Antikörpersorte (60 Prozent), gefolgt vom Immunglobulin A (20 Prozent). Die Immunglobuline D, E und M sind deutlich seltener betroffen. Entscheidend ist, dass die Paraproteine in der Regel nicht funktionstüchtig sind, das heißt, sie kommen ihren Aufgaben in der Infektionsabwehr nicht nach. Der Betroffene mit einem Multiplen Myelom ist daher trotz der erhöhten Menge an Antikörpern vermehrt anfällig für Infektionen.
Außerdem unterdrückt die erhöhte Menge an Plasmazellen das Wachstum der gesunden blutbildenden Zellen im Rest des Knochenmarks. Schreitet das Multiple Myelom weiter voran, gibt es zu wenig gesunde Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten.
Daher können entsprechende Beschwerden beim Multiplen Myelom auftreten
- Müdigkeit, Schwäche und Herzrasen aufgrund des Mangels an rotem Blutfarbstoff (Anämie)
- Erhöhte Infektanfälligkeit wegen des Mangels an Leukozyten (Leukozytopenie)
- Nasen- und Zahnfleischbluten, blaue Flecken sowie Haut- und Schleimhautblutungen aufgrund des Mangels an Thrombozyten (Thrombozytopenie)
Abbau von Knochensubstanz
Die entarteten Plasmazellen beim Multiplen Myelom bilden außerdem Substanzen, die knochenabbauende Zellen, die sogenannten Osteoklasten, im Knochen aktivieren. Sind diese Zellen überaktiviert, dünnen sie die Knochen vor allem in Wirbelsäule, Becken, Rippen und Schädel aus (Osteopenie). Schreitet dieser Prozess voran, erscheint der Knochen auf dem Röntgenbild porös (Osteoporose). Es können Knochendefekte (Osteolysen) entstehen. Die Folgen können Knochenbrüche und / oder -schmerzen sein.
Erhöhter Kalziumspiegel
Das Knochengewebe enthält viel Kalzium. Wenn Osteoklasten den Knochen zersetzen, wird daher vermehrt Kalzium freigesetzt. Dadurch können beim Multiplen Myelom die Kalziumwerte im Blut gefährlich ansteigen, was Bewusstseinsstörungen und Nierenschäden bis hin zum Nierenversagen verursachen kann.
Hoher Eiweißgehalt
Bilden sich große Mengen von Paraproteinen, kann beim Multiplen Myelom der Eiweißgehalt des Blutes erheblich ansteigen. Ein Teil des Eiweißes wird über die Niere ausgeschieden. Dabei kann das Eiweiß die Nierenkanälchen verstopfen und so die Nierenfunktion stark beeinträchtigen.
Normale Blutproduktion eingeschränkt |
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Normale Abwehreiweiße fehlen |
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Osteoporose, Osteolysen |
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Hohe Kalziumwerte, viele Paraproteine im Blut |
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Allgemeinsymptome |
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In seltenen Fällen kann es beim Multiplen Myelom zur Fehlfaltung der von den Plasmazellen produzierten Leichtketten kommen. Diese fehlgefalteten Eiweiße (Amyloide) lagern sich in inneren Organen und peripheren Nerven ab. Die sich daraus ergebende Erkrankung (Amyloidose) zeigt sich als Herzschwäche, Nieren- und Leberversagen, Durchfall und / oder Verstopfung, Gewichtsverlust, Missempfindungen in den Füßen und Händen sowie eine durch die Eiweißablagerung vergrößerte Zunge.
Wichtig: Ein Multiples Myelom kann über Jahre hinweg keine Beschwerden verursachen. Die beschriebenen Auswirkungen der Erkrankung treten in der Regel erst nach längerer Zeit auf.
Risikofaktoren für ein Multiples Myelom
Warum ein Mensch an einem Multiplen Myelom erkrankt, ist weitgehend ungeklärt. Es gibt jedoch einige Risikofaktoren.
Wichtig: Die Entwicklung von einer einzelnen bösartig veränderten Zelle zur fortschreitenden Krankheit ist ein Prozess, der aus vielen aufeinanderfolgenden Schritten besteht und über Jahrzehnte ablaufen kann. Häufig sind mehrere Faktoren gleichzeitig beteiligt. In den meisten Fällen wird es daher nicht gelingen, eine Antwort auf die Frage zu bekommen, warum gerade Sie erkrankt sind.
Multiples Myelom ist keine Erbkrankheit
Beim Multiplen Myelom handelt es sich nicht um eine Erbkrankheit im engeren Sinne. In der Erbsubstanz der entarteten Plasmazellen können zwar Veränderungen nachgewiesen werden. Diese sind allerdings keine vererbten, da lediglich die Krebsursprungszelle mit all ihren Abkömmlingen betroffen ist. Nicht betroffen sind die Keimzellen mit der Erbsubstanz, die der Betroffene an seine Kinder weitergibt.
Bei fast allen Myelomzellen liegen Änderungen an den Chromosomen vor. Beispielsweise können Teile von Chromosomen fehlen, vertauscht sein oder zusätzliche Teile vorhanden sein. Je nach Art der chromosomalen Veränderung wird die Erkrankung unterschiedlich verlaufen.
Risikofaktor für Multiples Myelom: Ionisierende Strahlung
Zu den generellen weiteren Risikofaktoren für das Multiple Myelom, die Veränderungen im Erbgut der Zellen auslösen können, zählen ionisierende Strahlen. Unter den Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki, die hohen Dosen radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren, erkrankten mehr Menschen an einem Multiplen Myelom als in einer vergleichbaren Bevölkerung.
Wichtig: Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Strahlendosis bei routinemäßig durchgeführten Röntgenuntersuchungen das Erkrankungsrisiko für ein Multiples Myelom erhöht.
Risikofaktor für Multiples Myelom: Immundefekte
Wissenschaftler konnten zudem nachweisen, dass Betroffene mit angeborenen Immundefektsyndromen und bestimmten Autoimmunerkrankungen ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Gammopathien haben. Dazu gehört beispielsweise die rheumatoide Arthritis. Ein erhöhtes Risiko wurde auch nach Organ-, Knochenmark- und Stammzelltransplantation beobachtet.
Risikofaktor für Multiples Myelom: Infektionserkrankungen
Einige Wissenschaftler vermuten Zusammenhänge zu viralen und bakteriellen Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen, während es sich mit den Bakterien und Viren auseinandersetzt. Bei HIV-infizierten Patienten etwa besteht ein vier- bis fünfmal höheres Erkrankungsrisiko für ein Multiples Myelom.
Rauchen
Hinweis: Zigarettenrauchen und Alkohol scheinen das Erkrankungsrisiko für eine Gammopathie nicht zu erhöhen.
Obwohl das Zigarettenrauchen nicht als Ursache für das Multiple Myelom nachgewiesen werden konnte, erhöht es die Anfälligkeit für verschiedene andere Tumorerkrankungen und schadet dem Immunsystem. Im Zigarettenrauch sind zahlreiche krebserzeugende Substanzen enthalten, die beim Rauchen ins Blut übergehen und die Organe schädigen. Bei krebskranken Menschen, die weiter rauchen, verschlechtert sich die Durchblutung des Körpers weiter. Letztlich nimmt damit auch die Wirksamkeit einer Chemotherapie ab. Unsere dringende Empfehlung lautet deshalb: Hören Sie auf zu rauchen!
Risikoverringernde Faktoren für das Multiple Myelom
Neben den Risikofaktoren für ein Multiples Myelom ließen sich auch Einflussfaktoren feststellen, die das Erkrankungsrisiko verringern – etwa eine Schwangerschaft, insbesondere bei jungen Frauen vor dem 20. Lebensjahr. Wer viel Gemüse, Fisch und Obst isst, kann sein Erkrankungsrisiko für ein Multiples Myelom und viele andere Tumoren verringern.
Multiples Myelom: Symptome
Beim Multiplen Myelom sind die Symptome zu Beginn der Erkrankung so allgemein und uncharakteristisch, dass sie auch eine ganz andere Ursache haben können. Deshalb ist es wichtig, dass Sie bei bestimmten Symptomen frühzeitig zu Ihrem Arzt gehen. Er kann untersuchen, woran es liegt – und die nächsten Schritte einleiten.
Allerdings zögern viele Menschen den Besuch beim Arzt aus Angst vor der befürchteten Diagnose hinaus.
Gehen Sie bei diesen Multiplen Myelom-Symptomen zu Ihrem Arzt
- Knochenschmerzen
- Fatigue: andauernde Müdigkeit, Schwäche oder Erschöpfung
- Ungewollter Gewichtsverlust
- Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit
- Erhöhte Infektanfälligkeit
Um die Krankheitszeichen richtig einordnen zu können, ist es wichtig zu wissen, dass beim Multiplen Myelom diese Symptome oft erst in fortgeschrittenen Stadien auftreten können. Welche Symptome sich wann zeigen, lässt sich nicht vorhersagen. Mögliche Multiples Myelom-Symptome sind:
Knochenschmerzen
Knochenschmerzen beginnen beim Multiplen Myelom oft schleichend und nehmen mit der Zeit zu. Akut einsetzende, starke Schmerzen sind typisch für Knochenbrüche in der Wirbelsäule, der Rippen oder der langen Röhrenknochen. Häufig stehen Rückenschmerzen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule im Vordergrund.
Osteoporose
80 Prozent der Betroffenen mit einem Multiplen Myelom leiden zum Zeitpunkt der Diagnose unter Knochenschwund (Osteoporose) und / oder dem Abbau von Knochengewebe (Osteolysen). Dies ist in Röntgenaufnahmen oder bei einer Computertomographie (CT) zu sehen. Der krankhaften Knochenausdünnung und Knochenbrüchen beim Multiplen Myelom lässt sich mit medikamentösen und orthopädischen Möglichkeiten vorbeugen.
Übelkeit und Erbrechen
Steigt bei einem Multiplen Myelom der Kalziumspiegel im Blut an (Hyperkalzämie), weist dies oft auf eine fortgeschrittene Erkrankung hin. Das liegt an der gesteigerten Aktivität von knochenabbauenden Zellen. Durch die Auflösung der kalziumhaltigen Knochensubstanz erhöht sich der Kalziumspiegel im Blut. Es wird vermehrt Kalzium im Urin ausgeschieden, die Urinmenge nimmt zu und der Körper droht auszutrocknen. Der hohe Kalziumgehalt im Blut kann auch zu Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen führen.
Nachlassen der Nierenfunktion
Bei einem Multiplen Myelom können zudem die Nieren betroffen sein. Bei etwa 20 Prozent aller Betroffenen lässt die Nierenfunktion nach. Die Nierenkanälchen werden durch die erhöhte Kalziumausscheidung sowie durch die Ausscheidung der Leichtketten geschädigt und verstopft.
Veränderung des Blutbilds
Wie stark die Beschwerden beim Multiplen Myelom aufgrund der Blutbildveränderung sind, hängt von der Menge der entarteten Plasmazellen im Knochenmark ab. Je größer die Menge, desto stärker werden die Zellen der normalen Blutbildung in ihrem Wachstum behindert.
Die Reifung der roten Blutkörperchen wird oft als erstes beeinträchtigt. Bei Blutarmut (Anämie) treten Kurzatmigkeit, Blässe, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Herzrasen auf.
Im weiteren Krankheitsverlauf des Multiplen Myeloms kann die Menge der Leukozyten und Thrombozyten abnehmen. Die niedrigen Leukozytenzahlen, insbesondere der Mangel an sogenannten neutrophilen Granulozyten, führt zusammen mit dem Mangel an funktionstüchtigen Antikörpern dazu, dass die Betroffenen verstärkt anfällig für Infektionen sind. Etwa 20 bis 25 Prozent der an einem Multiplen Myelom Erkrankten leiden unter wiederholt auftretenden, überwiegend bakteriellen Infekten.
Atem- und Harnwegsinfekte
In der frühen Erkrankungsphase des Multiplen Myeloms stehen Infekte der Atemwege im Vordergrund. Tritt Fieber oder gelblicher Auswurf auf, wird der Brustkorb geröntgt, um abzuklären, ob eine Lungenentzündung vorliegt.
Bei fortgeschrittener Erkrankung treten beim Multiplen Myelom als typische Komplikation Harnwegsinfekte auf. Eine frühzeitig einsetzende oder vorbeugende antibiotische Behandlung kann Infektionen wirkungsvoll bekämpfen. Auch virale Infektionen wie zum Beispiel die Gürtelrose treten gehäuft bei Myelompatienten auf.
Lesen Sie hier, was Sie und Ihr Arzt gegen die erhöhte Infektionsgefahr tun können.
Erhöhte Blutungsneigung
Die Thrombozyten sind für die Blutgerinnung zuständig. Ein Mangel an Thrombozyten führt daher dazu, dass es beim Multiplen Myelom verstärkt zu Blutungen kommt. Typische Anzeichen sind Nasenbluten, vermehrte Blutergüsse, punktförmige kleine Einblutungen in der Haut oder stärkere Menstruationsblutungen bei Frauen.
Veränderung des Nervensystems
Durch einen im Wirbelsäulenkanal (Spinalkanal) wachsenden Tumor oder durch eine Rückenmarkschädigung aufgrund eines Wirbelkörperbruchs kann es zu Funktionsausfällen der Nerven kommen. Diese können sich als Lähmungen, Missempfindungen der Extremitäten oder als Funktionsstörungen von Blase oder Mastdarm äußern. Die toxische Wirkung der Paraproteine beim Multiplen Myelom kann die langen Nerven an Armen oder Beinen betreffen. So können Gefühlsstörungen oder brennende, stechende Schmerzen in den Extremitäten auftreten.
Hinweis: Diese Warnzeichen können natürlich auch bei anderen gutartigen oder bösartigen Erkrankungen auftreten. Die Ursache für Ihre Beschwerden kann nur ein Arzt feststellen. Wenn dieser einen harmlosen Grund findet, können Sie beruhigt sein. Sollte aber ein Multiples Myelom festgestellt werden, sind die Heilungschancen größer, je früher die Erkrankung erkannt wird.
Multiples Myelom: Diagnose
Die Diagnose Multiples Myelom kann nur ein Arzt stellen. Doch viele Menschen haben Angst davor, in eine medizinische Mühle zu geraten, wenn sie den Verdacht haben, dass sie an Krebs erkrankt sein könnten. Deshalb schieben sie den Besuch beim Arzt immer weiter hinaus. So verständlich diese Angst auch ist: Es ist wichtig, dass Sie möglichst bald zum Arzt gehen.
Die Untersuchungen im Rahmen der Diagnose eines Multiplen Myeloms sollen folgende Fragen klären
- Haben Sie wirklich eine bösartige Erkrankung?
- Wie weit ist das Multiplen Myelom fortgeschritten?
- Mit welcher Behandlung des Multiplen Myeloms kann für Sie der beste Erfolg erreicht werden?
- Wie ist Ihr Allgemeinzustand?
- Welche Behandlung kann Ihnen zugemutet werden?
Wichtig: Eine Behandlung beim Multiplen Myelom lässt sich nur dann sinnvoll planen, wenn vorher genau untersucht worden ist, woran Sie leiden.
Hierfür ist eine Reihe von Untersuchungen erforderlich, die alle das Ziel haben, den Verdacht, dass Sie an einem Multiplen Myelom erkrankt sind, zu bestätigen oder auszuräumen.
Ihr Arzt wird Ihnen erklären, welche Untersuchungen notwendig sind, um die Diagnose Multiples Myelom zu sichern. Meist wird es mehrere Tage oder sogar Wochen dauern, bis alle Untersuchungen abgeschlossen sind und die Ergebnisse vorliegen. Werden Sie dabei nicht ungeduldig, denn je gründlicher Sie untersucht werden, desto genauer kann die weitere Behandlung des Multiplen Myeloms für Sie festgelegt werden.
Wenn alle Ergebnisse vorliegen, wird die Behandlung des Multiplen Myeloms geplant. Ihr Arzt wird Ihnen genau erklären, welche Möglichkeiten es gibt, wie sich die Behandlung auf Ihr Leben auswirkt und mit welchen Nebenwirkungen Sie rechnen müssen. Die endgültige Entscheidung über Ihre Behandlung werden Sie gemeinsam mit den behandelnden Ärzten treffen. Dabei ist es von Anfang an wichtig, dass sich ein vertrauensvolles Patienten-Arzt-Verhältnis entwickelt.
Hinweis: Fühlen Sie sich bei Ihrem behandelnden Arzt nicht gut aufgehoben? Oder möchten Sie, dass ein anderer Arzt die vorgeschlagene Behandlung bestätigt? Dann scheuen Sie sich nicht, eine zweite Meinung bei einem anderen (Fach-)Arzt einzuholen. Diese steht Ihnen unter bestimmten Umständen laut Patientenrechtegesetz zu.
Ihre Krankengeschichte (Anamnese)
Im Rahmen der Diagnose des Multiplen Myeloms wird Ihr Arzt In einem ausführlichen Gespräch nach Ihren aktuellen Beschwerden fragen und wie lange Sie diese schon haben. Er wird sich auch danach erkundigen, welche Krankheiten Sie früher bereits hatten und welche Sie vielleicht gerade haben. Auch Faktoren, die Ihr Risiko für ein Multiples Myelom erhöhen, sind für ihn wichtig. Denken Sie daran, dass Sie Ihrem Arzt sagen, welche Medikamente Sie einnehmen, auch ergänzende Mittel, die Ihnen kein Arzt verordnet hat (zum Beispiel Johanniskraut, Ginkgopräparate oder grüner Tee). Denn die in diesen Mitteln enthaltenen Substanzen können Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verursachen.
Tipp: Vielleicht machen Sie sich vor dem Arztbesuch schon ein paar Notizen, damit Sie in dem Gespräch an alles denken.
Beschreiben Sie Ihrem Arzt alle Beschwerden und Vorerkrankungen. Selbst Einzelheiten, die Ihnen unwichtig erscheinen, können für Ihren Arzt wichtig sein. Dazu gehören auch Informationen darüber, ob Sie vielleicht in Ihrem Beruf Faktoren ausgesetzt sind, die das Krebsrisiko für ein Multiples Myelom erhöhen können. Der Arzt wird Sie aber auch nach bestimmten Dingen fragen und sich so ein umfassendes Bild machen.
Auch wenn ein Multiples Myelom in der Regel kein medizinischer Notfall ist: Falls Sie typische Symptome haben und deshalb der Verdacht besteht, dass Sie ein Multiples Myelom haben, wird Ihr Arzt schnell weitere Untersuchungen veranlassen, damit die Behandlung beginnen kann.
Untersuchungen von Blut und Urin
Als nächsten Schritt der Diagnose des Multiplen Myeloms werden in Blut- und Urinproben die Art und die Menge der Leichtketten bestimmt. Um den mutmaßlichen Krankheitsverlauf beurteilen zu können, sind weitere Blutwerte sowie eine genetische Untersuchung der Plasmazellen wichtig.
Eine regelmäßige Überwachung des Blutbildes soll dazu beitragen, Beeinträchtigungen des Knochenmarks rasch festzustellen. Das Ausmaß der Blutarmut gibt häufig einen Hinweis auf den Verlauf der Erkrankung: je niedriger der Hämoglobinwert, desto fortgeschrittener die Erkrankung.
Ultraschalluntersuchung (Sonographie)
Bei einer Ultraschalluntersuchung können im Rahmen der Diagnose vom Multiplen Myelom Organe wie Leber, Nieren, Nebennieren, Milz und (Hals-) Lymphknoten betrachtet werden.
Röntgenaufnahmen
Röntgenaufnahmen sind bei der Diagnose eines Multiplen Myeloms wichtig, um Osteolysen zu erkennen, das heißt ob der Knochen sich auflöst oder abbaut. Geringgradige Knochenveränderungen sind auf Röntgenaufnahmen aber nicht erkennbar.
Computertomographie (CT)
Mit einer Computertomographie (CT) können im Rahmen der Diagnose eines Multiplen Myeloms osteolytische Bezirke genauer beurteilt werden, die auf normalen Röntgenaufnahmen nicht ausreichend einzuordnen sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Stabilität der Knochen unklar ist.
Kernspintomographie (MRT)
Mithilfe der Kernspintomographie (auch Magnetresonanztomographie, MRT, genannt) sind besonders Weichteilherde des Multiplen Myeloms gut abgrenzbar.
Positronenemissionstomographie (PET)
Die Positronenemissionstomographie ist ein bildgebendes Verfahren, das Orte mit erhöhter Stoffwechselaktivität im Körper sichtbar macht. Da Krebszellen schnell wachsen, benötigen sie meist viel Energie und nehmen zum Beispiel Traubenzucker oder Sauerstoff oft viel rascher auf als gesundes Gewebe. Mithilfe eines Kontrastmittels, das geringe Mengen schwach radioaktiven Zuckers enthält, können diese Zellen markiert werden. Dadurch können Bereiche im Körper erkannt werden, die verdächtig sind auf die Existenz eines bösartigen Tumors.
Manche Tumoren zeigen jedoch keine erhöhte Stoffwechselaktivität und auch entzündetes Gewebe kann eine erhöhte Stoffwechselaktivität haben und somit vermehrt anreichern. Eine PET allein reicht daher nicht aus, um Krebs festzustellen. Die PET-Untersuchung wird in der Regel mit der Computertomographie (CT) kombiniert zur PET-CT, um eine bessere räumliche Zuordnung der verdächtigen Bereiche zu den Strukturen des Körpers zu bekommen.
Knochenmarkpunktion
Die endgültige Diagnose eines Multiplen Myeloms kann nur durch eine Knochenmarkpunktion gesichert werden, da die Blutbildung im Knochenmark stattfindet. Ihr Arzt benötigt dafür eine kleine Menge Knochenmark, das er aus dem Beckenknochen entnimmt.
Bei der Knochenmarkpunktion liegen Sie auf dem Bauch oder auf der Seite. Sie erhalten eine lokale Betäubung im Bereich des Beckenknochens auf der Fläche eines etwa 2-Euro-Stück großen Gebietes; alternativ kann auch eine Sedierung oder Kurzzeitnarkose vorgenommen werden. Der Arzt sticht eine Nadel in das Knochenmark ein und saugt mit einer Spritze wenige Milliliter Knochenmarkblut aus dem Knochen heraus. Anschließend entfernt er mit einer anderen Nadel ein etwa zehn Millimeter langes Knochenstückchen von zwei Millimeter Durchmesser samt dem daran befindlichen Knochenmark (Stanze / Biopsie). Die gesamte Knochenmarkpunktion dauert etwa eine Viertelstunde.
Nach der Punktion versorgt der Arzt die Einstichstelle mit einem Pflaster, auf das er für etwa eine halbe Stunde einen kleinen Sandsack legt. Das soll verhindern, dass es zu einer Nachblutung kommt.
Das gewonnene Knochenmark wird auf Glasplättchen (Objektträgern) ausgestrichen, unter dem Mikroskop vom Arzt begutachtet sowie gegebenenfalls feingeweblich (histologisch) aufgearbeitet. Außerdem werden die Plasmazellen genetisch untersucht.
Durch Blutbild und Knochenmarkpunktion kann Ihr Arzt genaue Aussagen über die Zusammensetzung und das Aussehen von Blut und Knochenmark machen. Anhand des Aussehens der Zellen sowie durch einige weitere Spezialfärbungen (Zytochemie) kann er schnell feststellen, um welche Erkrankung es sich bei Ihnen handelt.
An diesem und dem folgenden Tag dürfen Sie nicht baden; Duschen hingegen ist schon einen Tag nach der Untersuchung unproblematisch. Manche Betroffene empfinden die Punktion als schmerzhaft; die meisten berichten aber, dass die Untersuchung gut erträglich war.
Die Entnahme einer Knochenmarkprobe hat mehrere Zwecke: Einerseits wird bestimmt, in welcher Menge die Plasmazellen im Knochenmark vorhanden sind. Andererseits können die Plasmazellen unter dem Mikroskop nach ihrem Aussehen in gut differenzierte Zellen und weniger gut differenzierte Zellen eingeteilt werden.
Hinweis: Die Knochenmarkpunktion ist ein wichtiges Element in der Diagnostik des Multiplen Myeloms. Ihre Symptome, die Ergebnisse der Blut-, Urin- und Röntgenuntersuchungen sowie die Beurteilung der Knochenmarkprobe helfen dabei, die Diagnose Multiples Myelom zu sichern.
Klassifikation des Multiplen Myeloms
Der Körper eines Menschen besteht aus sehr vielen unterschiedlichen Geweben und Zellen. Dementsprechend unterschiedlich ist auch das bösartige Wachstum bei Krebserkrankungen. Für Ihre Behandlung ist es wichtig, den genauen Steckbrief Ihrer Erkrankung zusammenzustellen.
Wichtig: Die behandelnden Ärzte müssen die genauen Einzelheiten des Multiplen Myeloms kennen. Erst dann lässt sich eine Behandlung zusammenstellen, die für Sie und den Verlauf Ihrer Erkrankung am besten geeignet ist.
Aus den Ergebnissen aller bisher durchgeführten Untersuchungen ermittelt der Arzt das genaue Krankheitsstadium (Staging, Stadieneinteilung). Um dieses so zu beschreiben, dass jeder Arzt es richtig einordnen kann, gibt es international einheitliche Einteilungen (Klassifikationen). Beim Multiplen Myelom erfolgt die Stadieneinteilung nach dem Internationalen Staging System (ISS) der Internationalen Myelom-Arbeitsgruppe (International Myeloma Working Group, IMWG).
Für die Einstufung des Multiplen Myeloms werden folgende Faktoren berücksichtigt:
- Konzentration von beta-2-Mikroglobulin (β-2-Mikroglobulin) und Albumin im Blut
- Ergebnisse der Zytogenetik (lichtmikroskopische Untersuchung der Chromosomen)
- LDH-Wert: Die Lactatdehydrogenase (LDH) ist ein Enzym, dass eine wichtige Rolle beim Stoffwechsel spielt. Die Werte geben Aufschluss darüber, wie aggressiv der Tumor ist.
Stadium | Kriterien |
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I |
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II |
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III |
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Therapie des Multiplen Myeloms
Die Behandlung des Multiplen Myeloms soll die Erkrankung dauerhaft heilen oder den Tumor zumindest in Schach halten. Wenn ein Multiples Myelom nicht behandelt wird, breitet es sich aus und führt früher oder später zum Tod.
Eine kurative Therapie hat das Ziel, die Myelomzellen vollständig abzutöten, so dass der Betroffene dauerhaft geheilt ist. Lässt sich dieses Ziel beispielsweise aufgrund des Alters oder weiterer Erkrankungen des Betroffenen nicht erreichen, versucht man, das Multiple Myelom möglichst lange zu kontrollieren und gleichzeitig die Lebensqualität zu erhalten. Diese Behandlung heißt palliative Medizin.
Im Gegensatz zu anderen bösartigen Tumoren, die umgehend behandelt werden müssen, ist das beim Multiplen Myelom nicht zwangsläufig nötig. Bei jedem dritten neu diagnostizierten Multiplen Myelom handelt es sich um ein Schwelendes Myelom oder um ein Myelom im Stadium I. In beiden Fällen kann über einen längeren Zeitraum zunächst der Befund kontrolliert und abgewartet werden.
Wichtig: Sie brauchen nicht zu befürchten, dass sich durch diese als „watch & wait“ bezeichnete Wartezeit der Krankheitsverlauf des Multiplen Myeloms verschlechtert. In dieser Phase sind allerdings regelmäßige Kontrollen des Blutbildes und der Paraproteine im Serum und im Urin notwendig.
Eine Therapie des Multiplen Myeloms sollte begonnen werden, wenn mindestens eines der sogenannten SLiM-CRAB-Kriterien erfüllt ist.
Weitere Gründe für einen Therapiebeginn beim Multiplen Myelom können stark erhöhte Eiweißwerte mit zähflüssigem Blut, B¬-Symptomatik (Fieber > 38° C, Gewichtsverlust von > 10 Prozent des Körpergewichts in sechs Monaten, Nachtschweiß) und andere Komplikationen sein, die sich bessern, wenn das Multiple Myelom zurückgedrängt wird. Wenn kein Kriterium erfüllt ist, besteht in der Regel kein Therapiebedarf. Wenn eine Therapie erfolgen muss, wird das Multiple Myelom mit einer Chemotherapie behandelt. Bei Bedarf wird zudem eine Strahlentherapie eingesetzt.
Chemotherapie
Die Hochdosis-Chemotherapie mit anschließender Infusion eigener Blutstammzellen (autologe Stammzelltransplantation) ist beim Multiplen Myelom für Erkrankte unter 70 Jahren in einem guten Allgemeinzustand die Therapie der Wahl.
Bei Betroffenen, bei denen die Chemotherapie gut wirkt, wird die Therapie weitergeführt, um die Menge der Paraproteine und entarteten Plasmazellen zu verringern. Diese Behandlung kann oft ein Jahr und länger dauern. Untersuchungen haben gezeigt, dass zirka 60 bis 75 Prozent aller Betroffenen gut auf diese Kombinationstherapie ansprechen. Ein solcher Rückgang von Krankheitszeichen heißt Remission. Eine komplette Remission, bei der die Erkrankung mit den üblichen Mitteln nicht mehr nachweisbar ist, wird jedoch nur selten erreicht. Beim Multiplen Myelom ist eine komplette Remission nicht gleichbedeutend mit einer Heilung, da die Erkrankung nach einiger Zeit erneut auftreten kann (Rezidiv).
Folgende Medikamente kommen bei einer Chemotherapie beim Multiplen Myelom zum Einsatz:
Melphalan
Melphalan führt zur chemischen Veränderung des Erbmaterials und verhindert auf diese Weise die Zellteilung.
Einsatz von Melphalan beim Multiplen Myelom
- Mit Bortezomib und Prednison oder Thalidomid und Prednison
- Bei Patienten, bei denen Hochdosis-Chemotherapie und autologe Stammzelltransplantation nicht infrage kommen
Cyclophosphamid
Cyclophosphamid führt zur chemischen Veränderung des Erbmaterials der DNS und verhindert auf diese Weise die Zellteilung.
Einsatz von Cyclophosphamid beim Multiplen Myelom
- In der Primärtherapie mit Bortezomib und Dexamethason
- In der Rezidivtherapie mit Lenalidomid und Dexamethason, Pomalidomid und Dexamethason oder Carfilzomib und Dexamethason
- Bei einer Mobilisierungstherapie vor der autologen Stammzellsammlung
- Als Monotherapie oder
- In Kombination mit Adriamycin (Doxorubicin) und Dexamethason
Zu den typischen Nebenwirkungen gehören eine verminderte Leukozytenzahl, blutige (hämorrhagische) Harnblasenentzündung (Zystitis), Übelkeit und Haarausfall.
Thalidomid
Die Neubildung von Blutgefäßen, auch Angiogenese genannt, ist für das Wachstum von Tumoren eine unabdingbare Voraussetzung. Thalidomid kann diese Neubildung hemmen. Außerdem wirkt Thalidomid auch auf das Immunsystem und auf das sehr wichtige Zusammenspiel der Myelomzellen mit den sogenannten Knochenmarkstromazellen (Stroma = lockeres Bindegewebe) ein.
Diese positive Wirkung von Thalidomid war für viele Wissenschaftler eine große Überraschung, hatte dieses Medikament doch unter dem Namen Contergan Anfang der 1960er Jahre nach der Einnahme in der Schwangerschaft bei vielen Kindern zu schweren Missbildungen der Arme und Beine geführt.
Heute wird Thalidomid beim Multiplen Myelom größtenteils durch modernere Immunmodulatoren (Lenalidomid und Pomalidomid) ersetzt und somit nur noch selten verwendet.
Wichtig: Wenn Thalidomid zum Einsatz kommt, muss eine Schwangerschaft ausgeschlossen sein.
Lenalidomid
Lenalidomid ist eine Nachfolgesubstanz von Thalidomid und beim Multiplen Myelom ebenfalls wirksam. Es wird in der Regel mit Kortison kombiniert, zum Teil auch mit weiteren Medikamenten oder einzeln als Erhaltungstherapie nach autologer Stammzelltransplantation eingenommen.
Typische Nebenwirkungen sind eine Verminderung der neutrophilen Granulozyten und Thrombozyten, ein erhöhtes Risiko für Thrombosen und Hautreaktionen. Da Lenalidomid strukturverwandt zu Thalidomid ist, wird davon ausgegangen, dass es ebenfalls zu Fehlbildungen bei Ungeborenen führt.
Wichtig: Ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm ist bei Lenalidomid daher – wie beim Thalidomid – zwingend vorgeschrieben.
Pomalidomid
Pomalidomid ist ebenfalls eine Nachfolgesubstanz von Thalidomid und beim Multiplen Myelom wirksam. Es wird in der Regel mit Kortison kombiniert, zum Teil auch mit weiteren Medikamenten. Pomalidomid erhalten vor allem Betroffene, bei denen die Erkrankung wieder aufgetreten ist.
Typische Nebenwirkungen sind Lungenentzündung, Mangel an neutrophilen Granulozyten (auch mit Fieber), Mangel an Thrombozyten, Mangel an Leukozyten, verminderter Appetit, Atembeschwerden, Husten, Durchfall, Übelkeit, Verstopfung, Knochenschmerzen, Muskelkrämpfe, Erschöpfung, Fieber, Wasseransammlungen in Armen und Beinen.
Wichtig: Auch bei Pomalidomid wird davon ausgegangen, dass es zu Fehlbildungen bei Ungeborenen führt. Ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm ist daher – wie bei Thalidomid und Lenalidomid – zwingend vorgeschrieben.
Bortezomib
Bortezomib hemmt eine komplexe, für den Abbau von Proteinen verantwortliche Struktur in der Zelle, das Proteasom. Die Zelle kann dann nicht mehr weiterwachsen. Selbst Betroffene, die bereits intensiv behandelt wurden, sprechen zum Teil noch auf diese Behandlung an. Auch in früheren Krankheitsphasen des Multiplen Myeloms erweist sich der Einsatz von Bortezomib als vorteilhaft.
Bortezomib wirkt am besten in Kombination mit anderen Chemotherapeutika und monoklonalen Antikörpern.
Als wichtige Nebenwirkung verringert sich vorübergehend die Anzahl der Blutplättchen(Thrombozyten). Es können auch Nervenschädigungen (Taubheit, Kribbeln, Schmerzen) und Magen-Darmbeschwerden auftreten. Wird es unter die Haut (subkutan) verabreicht, treten unerwünschte Nebenwirkungen in geringerem Umfang auf.
Wichtig: Um die Nebenwirkungen bei Bortezomid erträglicher zu machen, sollten Sie regelmäßig und offen mit Ihrem Arzt darüber sprechen, sodass gegebenenfalls die Dosis rechtzeitig verringert wird.
Carfilzomib
Carfilzomib, ein Nachfolger von Bortezomib, ist ein wirksames Medikament beim Multiplen Myelom, das wesentlich weniger Nervenschädigungen verursacht als Bortezomib. Es hemmt das Protein Proteasom auf eine nicht rückgängig zu machende (irreversible) Weise.
Die Hauptnebenwirkung des Carfilzomibs ist eine Herzmuskelschwäche.
Einsatz von Carfilzomib beim Multiplen Myelom
- Bei rezidiviertem Multiplen Myelom
- In Kombination mit Lenalidomid und Kortison (Dexamethason) oder
- Nur mit Dexamethason
Ixazomib
Ixazomib wird als Tablette (oral) eingenommen und hemmt das Proteasom. Es wird in der Regel in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason verabreicht.
Als wichtige Nebenwirkungen können Durchfall, Verstopfungen, Erbrechen, Nervenschäden, Übelkeit, Ödeme, Rückenschmerzen und Verminderung der Thrombozyten auftreten.
Panobinostat
Panobinostat ist ein sogenannter Histon-Deacetylase (HDAC)-Hemmer. Es verlangsamt zum einen die Überproduktion an Plasmazellen. Zum anderen sorgt es dafür, dass Zellen, die nicht mehr auf Bortezomib ansprechen (resistent sind), wieder auf dieses Medikament reagieren.
Einsatz von Panobinostat beim Multiplen Myelom
- Für die Behandlung von Erwachsenen mit einem Multiplen Myelom-Rezidiv, die mindestens zwei vorausgegangene Therapien erhalten haben, darunter Bortezomib und eine immunmodulatorische Substanz
- In Kombination mit Bortezomib und Kortison (Dexamethason)
Hinweis: Studien haben gezeigt, dass der Wirkstoff nur die Wirkung, nicht jedoch die Nebenwirkungen von Bortezomib verstärkt.
Als Nebenwirkungen bei der Behandlung mit Panobinostat können Durchfall, Fatigue, Übelkeit, Erbrechen, niedrige Anzahl an Blutplättchen und niedrige Lymphozytenzahl sowie periphere Nervenschäden auftreten.
Elotuzumab
Elotuzumab ist ein Antikörper, das heißt ein Eiweiß, das gegen eine Struktur auf der Zelloberfläche von Myelomzellen gerichtet ist und zur Zerstörung der Myelomzellen führt.
Einsatz von Elotuzumab beim Multiplen Myelom
- In Kombination mit Lenalidomid und Kortison (Dexamethason) nach Vortherapie(n)
Als wichtige Nebenwirkungen können Gürtelrose, Lungenentzündung, Kopfschmerzen, Husten, Durchfall, Fatigue und eine niedrige Lymphozytenzahl auftreten.
Daratumumab
Daratumumab ist ebenfalls ein Antikörper, also ein Eiweiß, das gegen eine Struktur auf der Zelloberfläche von Myelomzellen gerichtet ist und zur Zerstörung von Myelomzellen führt.
Einsatz von Daratumumab beim Multiplen Myelom
- Als Einzeltherapie oder
- In Kombination mit Bortezomib und Dexamethason beziehungsweise mit Lenalidomid und Dexamethason nach Vortherapien
Als wichtige Nebenwirkungen können Lungenentzündung, Kopfschmerzen, Husten, Durchfall, Erbrechen, Gliederschmerzen, Fatigue und Blutarmut auftreten.
Behandlung des Multiplen Myeloms mit CAR-T-Zellen
Die Behandlung des Multiplen Myeloms mit CAR-T-Zellen ist eine sogenannte adoptive Zelltherapie. Dabei werden zunächst spezielle Lymphozyten (T-Zellen) aus dem Blut des Betroffenen entnommen. Anschließend werden sie im Labor mit einem speziellen genetischen Modifikationsverfahren verändert, sodass sie Tumoreiweiße auf den Krebszellen mithilfe eines spezifischen Rezeptors, des chimären Antigen-Rezeptors (CAR), erkennen können.
Nachdem die T-Zellen genetisch verändert wurden, werden die nun vorliegenden CAR-T-Zellen dem Blut des Betroffenen wieder zugeführt. Die CAR-T-Zellen können dann die Krebszellen angreifen und zerstören.
CAR-T-Zellen können eine Reihe von Nebenwirkungen verursachen, beispielsweise:
- Das Zytokinfreisetzungssyndrom (CRS): Das CRS ist eine schwere Entzündungsreaktion. Sie wird verursacht, wenn die CAR-T-Zellen bestimmte Botenstoffe (Zytokine) freisetzen.
- Nervenschädliche Nebenwirkungen, wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Krampfanfälle.
- Autoimmunreaktionen, bei denen das Immunsystem gesundes Gewebe angreift. Wichtig: Betroffene werden daher in Bezug auf diese Nebenwirkungen sehr sorgfältig überwacht.
Einsatz von CAR-T-Zellen beim Multiplen Myelom
- Wenn die Erkrankung erneut auftritt (rezidiviertes Multiples Myelom)
- Wenn andere Therapien nicht anschlagen (refraktäres Multiples Myeloms)
Behandlung mit Bispezifischen Antikörpern beim Multiplen Myelom
Antikörper werden seit rund 10 Jahren erfolgreich beim Multiplen Myelom untersucht. Relativ neu sind die sogenannten bispezifischen Antikörper, die noch effektiver sind, aber auch ein spezielles Nebenwirkungsprofil aufweisen. Ein bispezifischer Antikörper besteht aus zwei unterschiedlichen Antikörpern, die die Tumorzelle mit T-Zellen in Kontakt bringen; diese Nähe führt zur verstärkten Abtötung der Tumorzellen. Nebenwirkungen sind u.a. eine vorübergehende Blutarmut und ein sogenanntes Zytokinfreisetzungssyndrom. Zytokine sind spezielle Eiweiße zur Informationsübertragung im Körper. In Studien wird derzeit auch eine Kombinationstherapie aus einem herkömmlichen Antikörper und einem bispezifischen Antikörper geprüft.
Hochdosis-Chemotherapie und Rückgabe eigener Stammzellen (autologe Stammzelltransplantation)
Durch den Einsatz von Melphalan in hoher Dosierung als Therapie beim Multiplen Myelom kann bei vielen Betroffenen eine tiefe und lange anhaltende Remission erreicht werden. Allerdings ist nach einer Hochdosis-Chemotherapie die Funktionsfähigkeit des Knochenmarks vorübergehend wesentlich beeinträchtigt.
Um das Risiko einer langanhaltenden Knochenmarkschädigung zu mindern, sind folgende Verfahren entwickelt worden.
Verfahren für die Hochdosis-Chemotherapie des Multiplen Myeloms
- Gabe von Wachstumsfaktoren (Granulozyten-Kolonie-stimulierende-Faktoren, G-CSF), welche die Neubildung weißer Blutkörperchen beschleunigen
- Rückübertragung der Blutstammzellen, die vor der Hochdosis-Therapie der Betroffenen aus deren Blut gewonnen wurden (autologe Stammzelltransplantation)
Hinweis: Durch die Kombination dieser Verfahren konnte die Zeit bis zur vollständigen Erholung der Blutbildung erheblich verkürzt werden. Die Infektionsgefahr ist dadurch deutlich geringer.
Ablauf der autologen Stammzelltransplantation beim Multiplen Myelom
- Gewinnung möglichst vieler Stammzellen durch eine Kombination aus Chemotherapie und der anschließenden Gabe von G-CSF
- Hochdosis-Therapie mit Melphalan
- Rückgabe der Stammzellen als Infusion
Die zurückgegebenen Stammzellen wandern über die Blutbahn in das nach der intensiven Chemotherapie leere Knochenmark, siedeln sich dort an und setzen die Bildung neuer Blutzellen in Gang.
Übertragung fremder Stammzellen (allogene Stammzelltransplantation)
Die Übertragung fremder Stammzellen (allogene Stammzelltransplantation) wird beim Multiplen Myelom überwiegend bei Hochrisiko-Patienten oder im Fall eines Rückfalls (Rezidiv) eingesetzt und dann gewöhnlich im Rahmen klinischer Studien.
Dabei erhält der Empfänger die gespendeten Stammzellen nach einer Chemotherapie. Der Spender sollte die gleichen Gewebeeigenschaften wie der Empfänger aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist bei Geschwistern am höchsten.
Die allogene Stammzelltransplantation kann jedoch teilweise erhebliche Komplikationen mit sich bringen. Zum einen ist die Infektionsgefahr erhöht. Zum anderen besteht die Gefahr einer sogenannten Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion (GvHD).
Wenn Sie ausführlichere Informationen zur Stammzelltransplantation suchen, können Sie diese bei den Zentren für Knochenmark- beziehungsweise Stammzelltransplantation oder bei der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe (DLH) erhalten. Die Adresse des Ihrem Wohnort nächstgelegenen Zentrums erfahren Sie ebenfalls bei der DLH oder beim INFONETZ KREBS der Deutschen Krebshilfe.
Strahlentherapie (Radiotherapie)
Je nachdem, welche Symptome das Multiple Myelom verursacht, wird eine Strahlentherapie zusätzlich zur medikamentösen Behandlung eingesetzt. Das ist etwa bei Knochenveränderungen, Knochenbrüchen oder starken Knochenschmerzen der Fall.
Mit der Strahlentherapie lassen sich von einem Ort ausgehende (lokalisierte) Knochenschmerzen behandeln. Wenn die Schmerzen an vielen Stellen auftreten (diffuse Schmerzen), ist eine Bestrahlung aufgrund der hohen Strahlendosis nicht sinnvoll. Eine Radiotherapie kann außerdem Knochenbrüchen in tragenden Knochenabschnitten vorbeugen, und bereits vorhandene Knochenbrüche können stabilisiert werden. Diese Therapie konzentriert sich nur auf die befallenen Knochenabschnitte (lokale Therapie) und mildert bei fast allen Betroffenen die Knochenschmerzen deutlich.
Therapie mit Bisphosphonaten
Bereits eingetretene Osteolysen aufgrund des Multiplen Myeloms können mit Bisphosphonaten teilweise stabilisiert werden. Diese Medikamente lassen sich aber auch vorbeugend einsetzen, um das Auftreten von Skelettkomplikationen zu verhindern: Die Substanzen verringern die Zerstörungen des Knochens durch die Tumorzellen erheblich. Dadurch gehen oft die Knochenschmerzen deutlich zurück.
Bisphosphonate haben einige Nebenwirkungen, die beachtet werden müssen. In seltenen Fällen können zum Beispiel Nierenschäden auftreten (bei Zoledronat, Pamidronat), sodass eine entsprechende Überwachung notwendig ist. Außerdem kann es vor allem nach größeren zahnärztlichen Eingriffen zu starken Schädigungen des Kieferknochens kommen. Noch ist nicht klar, wann genau diese Nebenwirkung auftritt.
Experten empfehlen: Gehen Sie vor Beginn einer Behandlung mit Bisphosphonaten zum Zahnarzt, lassen Sie Ihre Zähne gründlich untersuchen und bei Bedarf behandeln. Die Therapie mit Bisphosphonaten sollte so lange aufgeschoben werden.
Wenn Sie bereits mehr als sechs Monate Bisphosphonate erhalten, lassen Sie zahnärztliche Eingriffe nur nach Absprache mit Ihrem Onkologen und Zahnarzt durchführen, wobei parallel zur zahnärztlichen Behandlung eine antibiotische Prophylaxe empfohlen wird.
Wichtig: Eine zahnärztliche Kontrolluntersuchung sollte während der Bisphosphonattherapie alle sechs Monate stattfinden. Bitte informieren Sie unbedingt Ihren Zahnarzt darüber, dass Sie mit Bisphosphonaten behandelt werden.
Aufgrund der hervorragenden Wirksamkeit und geringen Nebenwirkungsrate sollten alle Betroffenen mit einem symptomatischen Multiplen Myelom regelmäßig Bisphosphonat-Infusionen erhalten. Die Behandlung sollte nach Ansicht von Experten frühzeitig, also bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose, beginnen und in einer an die Nierenfunktion angepassten Dosis erfolgen.
Die wichtigste Maßnahme, um Knochenschäden vorzubeugen, ist die Behandlung der Grunderkrankung. Um das Wachstum der Myelomzellen zu stoppen, können – wie bereits beschrieben – eine Chemotherapie und eine lokale Strahlentherapie sehr wirkungsvoll sein.
Orthopädische Behandlung
Sind bei Ihnen aufgrund des Multiplen Myeloms bereits Knochenbrüche eingetreten oder ist die Knochenstruktur schon so ausgedünnt, dass das Risiko für einen Bruch hoch ist, müssen operative Verfahren in Betracht gezogen werden. Ansprechpartner ist hier ein Facharzt für Orthopädie. Er kann die Bruchgefahr einschätzen und gemeinsam mit dem Hämatologen/Onkologen und dem Strahlentherapeuten sowie in Absprache mit Ihnen einen Behandlungsplan aufstellen. Im Allgemeinen geht es dabei darum, wie der betroffene Skelettabschnitt geschont und/oder geschient werden kann. Unter Umständen sind hierfür auch operative Eingriffe erforderlich. Ihr Arzt wird Sie beraten.
Wenn Wirbelkörper verformt oder eingesunken sind, kann Ihnen ein Korsett helfen. Dieses wird für Sie maßgeschneidert und muss regelmäßig kontrolliert werden, ob es noch richtig passt und entsprechend wirksam ist. Allerdings wird es einige Zeit dauern, bis sich Ihr Körper an das Korsett gewöhnt hat und es Wirkung zeigen kann. Krankengymnastische Unterstützung ist dabei sinnvoll und notwendig, sollte aber der Belastbarkeit der Knochen und des Körpers angepasst sein.
Oft weist auch der Schädelknochen Herde des Multiplen Myeloms auf. Hier sind spezifische Behandlungen jedoch meist nicht nötig.
Lindernde (palliativmedizinische) Behandlung
Ist der Multiple Myelom so weit fortgeschritten, dass es nicht mehr heilbar ist, kann die lindernde (palliative) Behandlung für die Betroffenen sehr viel tun, damit es ihnen in der ihnen verbleibenden Lebenszeit gutgeht.
Schmerztherapie
Viele Betroffene mit Multiplem Myelom leiden unter Schmerzen. Bei ihnen hat die Schmerztherapie Vorrang. Sie erfolgt am besten unter der Aufsicht eines darauf spezialisierten Arztes.
Knochenschmerzen treten besonders oft beim Multiplen Myelom auf. Die Plasmazellen wuchern unkontrolliert im Knochen und verursachen so einen Innendruck, der zu Schmerzen führt. Der Zusammenbruch eines Wirbels geht mit einem starken, plötzlich einsetzenden Schmerz einher.
Durch das Wachstum eines Tumors außerhalb des Knochens kann Druck auf das umliegende Gewebe entstehen. Dies löst ebenfalls Schmerzen aus. Wenn ein Tumor auf die Nervenwurzeln drückt, die aus der Wirbelsäule austreten, entsteht ein ziehender Schmerz, der begleitet sein kann durch plötzlich einschießende elektrische Empfindungen.
Als weitere Ursache für Schmerzen beim Multiplen Myelom kommt auch die Gürtelrose in Betracht. Es handelt sich dabei um eine Viruserkrankung der Nerven, die mit schmerzhaften Hautveränderungen einhergeht. Sehr unangenehm sind auch Pilzinfektionen in Mund und Rachen, die zu Schmerzen beim Schlucken führen.
Wie stark die Schmerzen empfunden werden, ist individuell sehr unterschiedlich. Dabei geht es nicht nur um körperliche, sondern auch um psychische Faktoren: Schmerzen werden als stärker empfunden, wenn der Betroffene sie als Verschlechterung seines Allgemeinzustandes interpretiert.
Weitaus häufiger kommt es jedoch infolge des starken Knochenabbaus zu Schmerzen. Wichtig ist es, diese Schmerzen frühzeitig medikamentös zu behandeln. Je zeitiger eine Behandlung einsetzt, desto niedrigere Schmerzmitteldosierungen sind notwendig.
Hinweis: Sie brauchen Schmerzen nicht still zu ertragen. Sprechen Sie stattdessen bei deren Auftreten sofort mit Ihrem behandelnden Arzt über die therapeutischen Möglichkeiten.
Es gibt Schmerzmittel unterschiedlicher Stärke. Prinzip der modernen Schmerztherapie ist es, zunächst mit leichten Medikamenten zu beginnen. Kann hiermit das Therapieziel – nämlich vollständige Schmerzfreiheit – nicht erreicht werden, ergänzt man stärkere Medikamente (Morphine / Opiate).
Wichtig: Nehmen Sie die Medikamente in festen Intervallen, also pünktlich zu festen Uhrzeiten ein.
Das heißt für Sie, dass Sie die Tabletten auch bei Schmerzfreiheit immer zur gleichen Uhrzeit einnehmen. Durch eine geregelte Einnahme sinkt der Schmerzmittelbedarf, und es kommt gar nicht erst zu sogenannten Schmerzspitzen.
Die wirksamsten Medikamente in der Schmerztherapie sind Morphine. Gegen diese Medikamente bestehen viele Vorurteile. Im Vordergrund steht dabei die Angst vor einer Sucht. Diese Befürchtung ist bei Tumorpatienten allerdings unberechtigt. Häufige Nebenwirkungen einer Morphintherapie sind zu Beginn Übelkeit und Müdigkeit, später kann es zu Verstopfung kommen. Begleitend können daher Antiemetika und stuhlgangsfördernde Mittel gegeben werden.
Wenn Ängste und Spannungszustände die Schmerzwahrnehmung verstärken, können angstlösende Psychopharmaka helfen. Diese Medikamente sind heute wesentlich nebenwirkungsärmer als früher. Zudem können Entspannungsverfahren (beispielsweise die Muskelrelaxation nach Jacobsen) oder eine Psychotherapie eine stabilisierende Wirkung haben.
Nähere Informationen zum Thema Schmerzen finden Sie unter „Krebsschmerzen“,
Unkonventionelle Behandlungsmöglichkeiten
Neben schulmedizinischen Methoden werden zur Behandlung eines Multiplen Myeloms auch komplementäre und alternative Therapiemethoden angeboten. Worin unterscheiden sich diese und auf was sollten Sie bei diesen Verfahren achten? Das erfahren Sie im Text „Unkonventionelle Behandlungsmöglichkeiten“.
Immunsystem und Infektionsgefahr
Betroffene mit einem Multiplen Myelom sind sehr infektionsgefährdet. Das liegt in erster Linie daran, dass sie wenig funktionsfähige Immunglobuline und -zellen haben.
Das Infektionsrisiko erhöht sich zusätzlich, wenn eine schmerzhafte Knochenschädigung die Beweglichkeit des Betroffenen einschränkt. Es kann auch sein, dass tiefes Durchatmen Schmerzen bereitet oder aufgrund der myelombedingten Brustkorb- / Wirbelsäulendeformierung nicht möglich ist. Dann wird die Lunge nur ungenügend belüftet, und die Gefahr einer Lungenentzündung steigt.
Eine Chemotherapie beeinträchtigt die Blutbildung im Knochenmark. Dadurch können die Leukozyten auf sehr niedrige Werte absinken. Erreichen die neutrophilen Granulozyten nur noch Werte unter 500 / µl Blut, spricht man von einer Aplasie. Dann treten besonders häufig Infektionen auf, die auch einen schwereren Verlauf nehmen können.
Betroffene, die bestimmte Kortisonpräparate (Prednison oder Dexamethason) einnehmen oder bei denen eine autologe oder Fremd- (allogene) Stammzelltransplantation erfolgt ist, haben ebenfalls ein geschwächtes Immunsystem.
Innerhalb der ersten zwei Monate nach Beginn der Chemotherapie besteht eine vier- bis fünfmal höhere Infektionsrate als vor der Behandlung. Überwiegend treten bakterielle Infekte der Harn- oder Luftwege auf. Gewöhnlich erhalten Sie daher in dieser Zeit vorsorglich Medikamente gegen Bakterien und / oder Viren (antibakterielle / antivirale Prophylaxe).
Das Infektionsrisiko verringert sich nach Abschluss der Behandlung des Multiplen Myeloms jedoch rasch wieder, und zwar umso schneller, je besser der Betroffene auf die Chemotherapie angesprochen hat. Tritt jedoch ein Rückfall auf, nimmt die Infektionsanfälligkeit wieder zu.
Warnzeichen für eine Infektion: Fieber
Erstes Zeichen für einen Infekt ist häufig Fieber über 38°C (zweimal innerhalb von 24 Stunden gemessen) oder eine einmalige Temperatur über 38,3°C.
Betroffene mit einer geringen Zahl an weißen Blutkörperchen (vor allem der neutrophilen Granulozyten) müssen bei Fieber sofort Kontakt zu ihrem Arzt aufnehmen. Hier ist eine antibiotische Therapie erforderlich sowie eventuell eine Einweisung ins Krankenhaus!
Fieber kann ebenfalls Symptom der Erkrankung sein, ohne dass eine Infektion vorliegt, und es kann auch infolge einer Transfusionsreaktion oder als Reaktion auf die Einnahme bestimmter Medikamente auftreten.
Gehen Sie bei folgenden Beschwerden umgehend zu Ihrem Arzt
- Fieber, also eine erhöhte Körpertemperatur über 38°C, im Mund oder im After gemessen
- Schüttelfrost mit oder ohne Fieber
- Durchfälle, die länger als 24 Stunden andauern oder sehr heftig sind
- Husten, atmungsabhängige Schmerzen, Atemnot
- Blutungen aus der Nase oder anderen Körperöffnungen, Bluterbrechen oder schwarz gefärbter Stuhl
- Brennen oder Schmerzen beim Wasserlassen, Schmerzen in der Nierengegend
- Veränderungen an Haut und Schleimhäuten wie beispielsweise weißliche Beläge, Schmerzen beim Schlucken, Halsentzündungen
- Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheit
Wichtig: Informieren Sie jeden Arzt, der Sie behandelt (auch Ihren Zahn- oder Augenarzt), über Ihre Erkrankung.
Wie können Infektionen verhindert werden?
Zu Beginn der Chemotherapie sollten in der Regel vorbeugend Antibiotika gegeben werden. Da dies aber nicht zwingend notwendig ist, besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob dies für Sie sinnvoll ist.
Betroffenen mit stark verminderter Abwehr kann man funktionierende Immunglobuline auch durch eine Infusion übertragen. Dies kann die körpereigene Abwehr verbessern. Diese Behandlung ist jedoch mit gewissen – wenn auch geringen – Risiken (wie zum Beispiel Übertragung von Infektionserregern oder allergischen Reaktionen) verbunden. Insofern müssen Nutzen und Risiko hier sorgfältig abgewogen werden.
Bei einem ausgeprägten therapiebedingten Abfall der weißen Blutkörperchen können Blutzell-Wachstumsfaktoren wie G-CSF das Wachstum und die Teilung der gesunden Zellen beschleunigen. Die Aplasiephase kann damit verkürzt und die Infektionsgefahr gesenkt werden.
Es ist sinnvoll, angebotene Schutzimpfungen in Anspruch zu nehmen. Besprechen Sie sich hierzu mit Ihrem behandelnden Arzt.
Wenn Sie bei sich Anzeichen feststellen, die auf eine Infektion deuten können, gehen Sie auf jeden Fall zu Ihrem Arzt. Mit den modernen Antibiotika lassen sich die meisten Infekte gut behandeln – vor allem, wenn die Therapie frühzeitig begonnen wird.
Was können Sie selbst tun, um Infektionen zu vermeiden?
Sie selbst können viel tun, um Infektionen zu vermeiden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber, worauf Sie persönlich achten können. Allgemeine Hinweise zur Vermeidung von Infektionen sind:
Schlafen Sie ausreichend. Das Schlafbedürfnis ist von Mensch zu Mensch verschieden, sodass es nicht sinnvoll ist, hier eine Mindestmenge in Stunden anzugeben. Maßgeblich ist das subjektive Gefühl des Ausgeschlafenseins. Ihr Schlafbedürfnis kann je nach Krankheitszustand ansteigen. Geben Sie diesem Bedürfnis nach!
Eine ausgewogene Ernährung kann Ihr Gesamtbefinden verbessern. Es gibt grundsätzlich keine spezielle Diät für Ihre Erkrankung und somit auch keine verbotenen Nahrungsmittel. Anders ist dies während der Zeit, in der Ihr Immunsystem besonders geschwächt ist und Ihre neutrophilen Granulozyten auf Werte unter 500 pro Mikroliter Blut (Aplasiephase) abfallen.
Achten Sie auch auf keimarme Ernährung. Sorgfältige hygienische Maßnahmen in der Küche sowie ein paar Grundregeln beim Einkaufen, Zubereiten und Lagern von Lebensmitteln helfen Ihnen, sich vor Infektionen zu schützen. Umfangreichere Informationen sowie die Broschüre „Infektionen? Nein, Danke! Wir tun was dagegen!“ erhalten Sie bei der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe.
Weiterhin besteht die Gefahr, aus der Atemluft Schimmelpilzerreger aufzunehmen. Das Risiko einer Infektion mit Schimmelpilzen ist für Betroffene mit mehr als 1.000 Leukozyten pro Mikroliter Blut geringer, bei Werten darunter steigt es aber deutlich an.
Beachten Sie daher folgende Regeln
- Benutzen Sie keine Biotonne. Dort finden sich in der Regel extrem hohe Konzentrationen von Schimmelpilzsporen, die ein hohes Infektionsrisiko mit sich bringen. Gleiches gilt für den Komposthaufen im Garten.
- Lassen Sie schimmelpilzbefallene Stellen in Ihrer Wohnung sanieren.
- Die Erde von Zimmerpflanzen kann Schimmelpilzsporen enthalten. Topfen Sie daher keine Zimmerpflanzen um oder verwenden Sie Hydrokulturen, da diese wesentlich seltener verschimmeln.
- Machen Sie keine Gartenarbeiten selbst.
Rehabilitation und Nachsorge
Rehabilitation und Nachsorge sind wesentliche Bestandteile der onkologischen Versorgung nach einem Multiplen Myelom. Rehabilitationskliniken, Fach- und Hausarzt betreuen und begleiten Betroffene nach der stationären oder ambulanten Akutversorgung. Viele wenden sich zusätzlich auch an eine Selbsthilfegruppe.
Rehabilitation
Wenn die erste Behandlungsphase (Primärbehandlung) des Multiplen Myeloms – also medikamentöse Tumortherapie und/oder Strahlentherapie – beendet ist, beginnt mit der Rehabilitation die nächste Phase.
Ausführliche Informationen erhalten Sie im Text „Rehabilitation".
Selbsthilfegruppen
Sie können bereits während der Behandlungszeit Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe aufnehmen oder aber erst, wenn Ihre Therapie abgeschlossen ist. Wenn Ihnen Ihr Arzt oder das Pflegepersonal im Krankenhaus bei der Suche nach einer Selbsthilfegruppe nicht helfen kann, wenden Sie sich an das INFONETZ KREBS der Deutschen Krebshilfe.
Nachsorge
Eins der Ziele der Nachsorge beim Multiplen Myelom ist es, rechtzeitig zu erkennen, wenn die Krankheit wieder auftritt (Tumorrezidiv). Außerdem soll sie mögliche Begleit- oder Folgeerkrankungen feststellen, um diese zu behandeln, sowie Ihnen bei Ihren körperlichen, seelischen und sozialen Problemen helfen. Beim Multiplen Myelom, auch Morbus Kahler genannt, ist es sinnvoll, dass Sie die Nachsorge bei einem Hämatologen oder Onkologen wahrnehmen.
Ausführliche Informationen erhalten Sie im Text „Nachsorge“.
Weitere Informationen
Letzte Aktualisierung
- Wissenschaftliche Überarbeitung März 2024
Text und Redaktion
- Sandra von dem Hagen, Stiftung Deutsche Krebshilfe
- Dr. Désirée Maßberg, Stiftung Deutsche Krebshilfe
- Gabriela Wolff-Bosio, Stiftung Deutsche Krebshilfe
Medizinische Beratung
Prof. Dr. med. I. Schmidt-Wolf
Direktor der Abteilung für Integrierte Onkologie
CIO Bonn am Universitätsklinikum Bonn
Sigmund-Freud-Str. 25
53127 Bonn
Prof. Dr. med. H. Goldschmidt
Leiter der Sektion Multiples Myelom der Medizinischen Klinik V und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT)
Universitätsklinikum Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 410
69120 Heidelberg
Weitere Beratung
Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe
Bundesverband der Selbsthilfeorganisationen zur Unterstützung von Erwachsenen mit Leukämien und Lymphomen e. V.
Thomas-Mann-Str. 40
53111 Bonn
Quellen
Zur Erstellung dieses Textes wurden die nachstehend aufgeführten Informationsquellen herangezogen:
- Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation. Stiftung Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe, Bonn 2023.
- Infektionen? Nein danke! Wir tun was dagegen! Stiftung Deutsche Leukämie- und Lymphom-Hilfe, Bonn 2023.
- Wegweiser zu Sozialleistungen. Stiftung Deutsche Krebshilfe 2023.
- Ernährung bei Krebs. Stiftung Deutsche Krebshilfe 2023.
- Patientenleitlinie Multiples Myelom. Herausgeber „Leitlinienprogramm Onkologie“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Stiftung Deutsche Krebshilfe. Stand November 2022.
- Krebs in Deutschland für 2019 / 2020. 14. Ausgabe. Robert Koch-Institut und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e. V. (Hrsg.), Berlin, 2023.
- Krebswörterbuch. Stiftung Deutsche Krebshilfe, 2021.
- Hilfen für Angehörige. Stiftung Deutsche Krebshilfe 2020.
- Meletios A, Dimopoulos A, Jakubowiak J et. al: Developments in continuous therapy and maintenance treatment approaches for patients with newly diagnosed multiple myeloma. Blood Cancer J. 2020 Feb; 10(2).
- NCCN Guidelines®: Multiple Myeloma, Version 4.2020. 08.05.2020.
- Terpos E, Engelhardt M, Cook G, et. al: Management of patients with multiple myeloma in the era of COVID-19 pandemic: a consensus paper from the European Myeloma Network (EMN). Leukemia. 2020 May 22 : 1–12. doi: 10.1038/s41375-020-0876-z [Epub ahead of print].
- Klinische Studien. Stiftung Deutsche Krebshilfe, 2019.
- Leng S, Chen Y, Tsai W-Y et. al: Use of Bisphosphonates in Newly Diagnosed Elderly Patients with Multiple Myeloma. J Natl Compr Canc Netw. 2019 Jan; 17(1): 22–28.
- Moreau P, Sonneveld P, Boccadoro M et. al: Chimeric antigen receptor T-cell therapy for multiple myeloma: a consensus statement from The European Myeloma Network. Haematologica. 2019 Dec; 104(12): 2358–2360.
- Patienten-Handbuch Multiples Myelom 2023. Überarbeitete und ergänzte Auflage August 2023 mit Unterstützung der Plasmozytom-Selbsthilfe Rhein-Main Wiesbaden und der Selbsthilfegruppe Multiples Myelom Kurpfalz und unter Mithilfe von Frau Dr. Uta Bertsch, Frau Dr. Sandra Sauer, Frau PD Dr. Iris Breitkreutz, Frau Prof. Dr. Ute Hegenbart, Herrn Dr. Marc-Andrea Bärtsch, Frau Dr. Annemarie Angerer, Herrn Dr. Christian Michel, Herrn Dr. Elias Mai, Herrn Dr. Jan Frenking, Frau Dr. Lilli-Sophie Sester, Herrn Dr. Niels Weinhold, Frau Dr. Anja Kunze, Herrn Prof. Dr. Hartmut Goldschmidt und Herrn Prof. Dr. Marc-Steffen Raab, Universitätsklinikum Heidelberg und Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg (NCT).
- Patientenfibel Multiples Myelom. Diagnostik und Begriffserläuterungen. Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe, Bonn 2024
- DGHO e. V. – Onkopedia. Multiples Myelom. www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/multiples-myelom. Stand 2018
- Jo Caers, Laurent Garderet, K. Martin Kortüm et. Al: European Myeloma Network recommendations on tools for the diagnosis and monitoring of multiple myeloma: what to use and when. Haematologica. 2018 Nov; 103(11): 1772–1784.
- Berufliche Rehabilitation: Ihre neue Chance. Deutsche Rentenversicherung Bund, 13. Auflage (4/2018).
- Mit Rehabilitation wieder fit für den Job. Deutsche Rentenversicherung Bund, 12. Auflage (8/2017).
- MANUAL Multiples Myelom. Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge. 5. Auflage 2017. (Tumorzentrum München, Herausgeber) W. Zuckerschwerdt Verlag München.
- Das Multiple Myelom (Plasmozytom). Diagnose und Therapie (UNI-MED Science) von Hartmut Goldschmidt (3. Auflage 2023).
- MSD Manual – Handbuch Gesundheit. Medizinisches Wissen und ärztlicher Rat für die ganze Familie (Mosaik bei Goldmann) von Mark H. Beers, Martin Arndorfer, Beate Bettenhauser und Imke Brodersen (Gebundene Ausgabe – August 2005)
Benötigen Sie Hilfe?
Das INFONETZ KREBS steht Betroffenen nach einer Krebsdiagnose bei! Eine persönliche, kostenfreie Krebsberatung erhalten Sie montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr unter der Telefonnummer 0800 / 80 70 88 77 oder per E-Mail: krebshilfe@infonetz-krebs.de.