Palliative Versorgung und onkologische Pflege müssen sich stärker am Bedarf der Patienten orientieren

Hauptpressekonferenz beim Deutschen Krebskongress 2018

Pressemitteilung – 22.02.2018

Berlin Das Thema Patientenorientierung am Lebensende bewegt Ärzte, Pflegekräfte und Patienten gleichermaßen. Um den Bedarf und den Wünschen von Krebspatienten gerecht zu werden, sind strukturelle Veränderungen nötig – sowohl in der palliativmedizinischen Versorgung als auch in der onkologischen Pflege. Zu diesem Schluss kamen Experten auf einer Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Krebskongresses in Berlin.

Die meisten todkranken Menschen wünschen sich, ohne Schmerzen und in Würde zu Hause sterben zu können. Untersuchungen zeigen aber, dass Patienten am Lebensende eher übertherapiert werden und dass ihr Wunsch, im häuslichen Umfeld zu sterben, oft nicht berücksichtigt wird, so Prof. Birgitt van Oorschot, Palliativmedizinerin aus Würzburg. Meist fällt die Entscheidung über die Frage, welche Behandlungen am Lebensende noch durchgeführt werden sollen, sehr spät, in der letzten Woche vor dem Tod. Für ein umfassendes „Advanced Care Planning“ bleibe da kaum noch Zeit.

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Viele Patienten seien am Lebensende ambivalent, erklärte Dr. Bernd Oliver Maier, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin: Der Wunsch nach lebensverlängernden Maßnahmen treffe auf das Bedürfnis, sich mit dem nahenden Ende auseinanderzusetzen. „Beides ist authentisch, macht aber Therapieentscheidungen am Lebensende komplex. Unsere Versorgungsstrukturen sind nicht dafür gerüstet.“ Wichtig ist deshalb eine frühzeitige Einbeziehung der Palliativmedizin in die Versorgung unheilbar kranker Patienten und ein Assessment, das den individuellen palliativmedizinischen und onkologischen Versorgungsbedarf eines Patienten erfasst, um ihn optimal in der Entscheidungsfindung und Therapieplanung unterstützen zu können.

Auch der Mangel an Pflegekräften macht sich in diesem Zusammenhang nachteilig bemerkbar. Der Bedarf zusätzlicher Pflegekräfte wird allein im Krankenhaus auf mindestens 70.000 geschätzt. Zwar soll es ab 2019 verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen geben. Doch der Begriff „pflegesensitiv“ sei problematisch, bemängelte Torsten Rantzsch, Pflegedirektor am Universitätsklinikum Düsseldorf: „Pflege muss sich am Bedarf der Patienten orientieren. Personaluntergrenzen, die davon ausgehen, dass der Pflegebedarf bei allen Patienten gleich groß ist, werden den Pflegenotstand nicht verbessern.“

Das gilt in besonderem Maß für onkologische Patienten ‒ am Lebensende steige der pflegerische Aufwand, sowohl im stationären als auch im ambulanten Sektor, bestätigte auch Kerstin Paradies, Vorstandssprecherin der Konferenz Onkologischer Kranken- und Kinderkrankenpflege in der Deutschen Krebsgesellschaft. Dabei geht es nicht nur um Grundpflege, gefragt sind Fachkenntnisse im Umgang mit Nebenwirkungen, mit unterstützenden Maßnahmen und einer sensiblen Kommunikation. Onkologische Fachpflegekräfte sind für diese Aufgaben durch eine zweijährige Zusatzausbildung qualifiziert. Aufgrund des Pflegenotstands und aus Gründen der Wirtschaftlichkeit werden sie aber oft nicht für die Aufgaben eingesetzt, für die sie eigentlich ausgebildet sind. Paradies: „Wir brauchen neue Formen der Arbeitsteilung in der Pflege, die sich am Bedarf der Patienten orientieren. Die onkologische Fachpflege kann und will hier gerne mehr Verantwortung übernehmen, stößt dabei aber an die Grenzen im System.“ In vielen Gesundheitssystemen im Ausland, etwa in Skandinavien, sind Pflegekräfte dazu berechtigt, weiterreichende Kompetenzen als in Deutschland zu übernehmen. Dort ist Pflege ein akademischer Beruf mit einem höheren Stellenwert als in Deutschland.

Der Deutsche Krebskongress 2018
Der 33. Deutsche Krebskongress findet vom 21. bis 24. Februar 2018 in Berlin statt. Unter dem Motto „Perspektiven verändern Krebs – Krebs verändert Perspektiven. Diagnose, Therapie, (Über-)Leben“ informieren sich rund 10.000 Experten über die jüngsten wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Entwicklungen und diskutieren ihre Aufgaben von heute und morgen. Der größte und wichtigste deutschsprachige Kongress zur Krebsdiagnostik und -therapie wird von der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe gemeinsam ausgerichtet.

Die Ausrichter – starke Partner im Kampf gegen Krebs

Die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. (DKG) ist die größte wissenschaftlich-onkologische Fachgesellschaft im deutschsprachigen Raum. In der DKG vertreten sind über 7.900 Einzelmitglieder in 24 Arbeitsgemeinschaften, die sich mit der Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen befassen; dazu kommen 16 Landeskrebsgesellschaften und 39 Fördermitglieder. Die DKG engagiert sich für eine Krebsversorgung auf der Grundlage von evidenzbasierter Medizin, Interdisziplinarität sowie konsequenten Qualitätsstandards und ist, gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren, Mitinitiatorin des Nationalen Krebsplans. www.krebsgesellschaft.de

Am 25. September 1974 gründete Dr. Mildred Scheel die Deutsche Krebshilfe. Ziel der gemeinnützigen Organisation ist es, Krebserkrankungen in all ihren Erscheinungsformen zu bekämpfen. Unter dem Motto „Helfen. Forschen. Informieren.“ fördert die Stiftung Deutsche Krebshilfe Projekte zur Verbesserung der Prävention, Früherkennung, Diagnose, Therapie, medizinischen Nachsorge und psychosozialen Versorgung, einschließlich der Krebs-Selbsthilfe. Ihre Aufgaben erstrecken sich darüber hinaus auf forschungs- und gesundheitspolitische Aktivitäten. Die Deutsche Krebshilfe ist der größte private Geldgeber auf dem Gebiet der Krebsbekämpfung – unter anderem der Krebsforschung – in Deutschland. Sie finanziert ihre gesamten Aktivitäten ausschließlich aus Spenden und freiwilligen Zuwendungen der Bevölkerung. www.krebshilfe.de

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