Wie fettiges Essen unserem Darm schadet

Stark übergewichtige Menschen tragen ein doppelt so hohes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Doch was sind die Ursachen für diesen Zusammenhang? Münchner Wissenschaftler fanden nun heraus: Eine zu fettreiche Ernährung bringt die Darmflora aus ihrem sensiblen Gleichgewicht.

Pressemitteilung – 12.03.2015

München (elf) – Stark übergewichtige Menschen tragen ein doppelt so hohes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Doch was sind die Ursachen für diesen Zusammenhang? Münchner Wissenschaftler fanden nun heraus: Eine zu fettreiche Ernährung bringt die Darmflora aus ihrem sensiblen Gleichgewicht. Das lässt das Krebsrisiko ansteigen - auch bei Normalgewichtigen, wie die Forscher in der renommierten Fachzeitschrift Nature berichteten. Die Deutsche Krebshilfe hat das wissenschaftliche Projekt mit 264.000 Euro gefördert.

Pommes, Grillhahn, Bratwurst – Ob aus Zeitmangel oder schlicht aus Gewohnheit, immer häufiger greifen wir zu schnell verfügbarem und sehr fettigem Essen. Mit unseren Lebensgewohnheiten hat sich auch unser Essverhalten geändert. Gepaart mit mangelnder Bewegung kann dies zu Übergewicht führen. Ein zu hohes Körpergewicht geht einher mit einem erhöhten Risiko, an Krebs zu erkranken, insbesondere Darmkrebs. Epidemiologische Studien haben diesen Zusammenhang gezeigt.

Was die molekularen Ursachen für das erhöhte Krebsrisiko sind, war bislang unklar. Als Dr. Melek C. Arkan vom Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München und ihr Team im Labor dieser Frage auf den Grund gingen, warfen sie einen genauen Blick auf die Darmflora. „Unsere Darmflora ist ein System aus unterschiedlichen Mikroorganismen, zum Großteil Bakterien. Diese übernehmen sehr wichtige Funktionen, wie etwa die Nahrung zu verdauen, lebenswichtige Stoffe zu produzieren und Krankheitserreger abzuwehren“, erklärt Arkan. Als Bestandteil des Verdauungssystems reagiere die Darmflora ganz sensibel darauf, was wir essen.

„Eine besonders fettreiche Ernährung führt dazu, dass die Darmflora aus ihrem Gleichgewicht geworfen wird“, beschreibt Arkan die experimentellen Beobachtungen. Einige Bakterienstämme kommen dann vermehrt, andere wiederum in geringeren Mengen im Darm vor. Das Forscherteam beobachtete im Labor: Diese Veränderungen in der Darmflora spielen eine ganz entscheidende Rolle bei der ernährungsbedingten Entstehung von Darmkrebs – unabhängig vom Gewicht.

Bedeutet dies im Umkehrschluss, dass wir das Krebsrisiko senken können, indem wir das Gleichgewicht der Darmflora wiederherstellen? „Durch die Behandlung mit Butyrat – einem bakteriellen Endprodukt – konnten wir im Labor die bakterielle Zusammensetzung im Darm wieder angleichen“, schildert Arkan. „Und in der Tat haben wir beobachtet, dass dies vor der Krebsentstehung schützen kann.“

Unklar ist noch, ob die Laborergebnisse auch auf den Menschen zutreffen. Dies herauszufinden, ist nun das Ziel des Forscherteams. „Sollte dies der Fall sein, eröffnet sich uns die Möglichkeit, ganz gezielt individuelle Ernährungspläne zu erstellen“, betont Arkan. Besonders profitieren könnten davon Menschen, die durch andere Faktoren, wie etwa eine erbliche Vorbelastung oder Übergewicht ein ohnehin schon erhöhtes Risiko tragen.

„Wir müssen leider feststellen, dass immer mehr Menschen an Darmkrebs erkranken“, betont Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe. „Hierbei spielt ganz offensichtlich die Ernährung mit eine Rolle. Je genauer wir daher die Ursachen für die Entstehung von Tumoren im Darm verstehen, umso besser können wir durch eine bewusste und gesunde Ernährung einer Erkrankung vorbeugen.“

Publikation: Manon D. Schulz et.al. “High-fat-diet-mediated dysbiosis promotes intestinal carcinogenesis independently of obesity”, Nature (2014), doi: 10.1038/nature13398

Hintergrundinformation: Darmkrebsrisiko und Prävention

Darmkrebs (Kolonkarzinom) ist die dritthäufigste Krebserkrankung in Deutschland. 36.000 Männer und 29.000 Frauen erkranken jedes Jahr neu daran (Robert Koch Institut 2013). Er umfasst Krebserkrankungen des Dickdarms (Kolon), des Enddarms (Mastdarm/Rektum) und des Darmausgangs (Anus).

Zu den Risikofaktoren gehören schwere chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und bestimmte Darmpolypen, die als Vorläufer von bösartigen Darmtumoren zu sehen sind. Auch die Lebensweise spielt eine Rolle: Eine ballaststoffarme, fett- und fleischreiche Ernährung, regelmäßiger Alkoholkonsum und wenig Bewegung erhöhen das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken.

Projektnr.: 107977