Pressemitteilung der Universität Ulm – 13.04.2021
Bauchspeicheldrüsenkrebs hat eine überaus schlechte Prognose: Fünf Jahre nach dem Befund leben nur noch weniger als neun Prozent der Patientinnen und Patienten. Jetzt ist es Forschenden der Ulmer Universitätsmedizin gelungen, einen Zusammenhang zwischen dem zellulären RINT1-Proteinlevel und der Überlebensdauer Betroffener herzustellen. Wie genau RINT1 Tumorzellen beeinträchtigt und dadurch Patientenleben verlängert, beschreiben die Studienautorinnen und -autoren in der Fachzeitschrift „Cancer Research“. Ihre Ergebnisse weisen womöglich den Weg zu neuen Therapieansätzen.
Bauchspeicheldrüsenkrebs gehört zu den tödlichsten Krebsarten: Aufgrund der unspezifischen Symptome wird der Tumor oft erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Häufig hat sich der Krebs dann bereits im ganzen Körper ausgebreitet. Eine Heilung durch die operative Entfernung des Tumors ist in solchen Fällen nicht mehr möglich, und auch Chemotherapien verbessern das Krankheitsbild meist kaum. Ein tieferes Verständnis, warum Bauchspeicheldrüsen-Tumore (hier: duktales Pankreaskarzinom) so schwer therapierbar sind, soll Hinweise auf neue, effektive Behandlungsansätze geben. In ihrer aktuellen Veröffentlichung setzen die Autorinnen und Autoren aus Ulm, Mainz sowie Heidelberg auf zellulärer Ebene an: Ihr Fokus liegt auf dem Protein RINT1, das für die Erbgut-Reparatur zuständig ist und Eiweiße in Zellen transportiert. RINT1 wurde wiederholt mit Krebserkrankungen in Verbindung gebracht: Bei verschiedenen Krankheitsbildern kann das Protein die Tumorentwicklung offenbar beeinflussen.
Krebskranke mit niedrigem RINT1-Level überleben länger
Inwiefern RINT1 Einfluss auf den Krankheitsverlauf beim duktalen Pankreaskarzinom nimmt, haben die Forschenden unter Federführung von Professor Alexander Kleger mit verschiedenen biomedizinischen Methoden untersucht. „Mithilfe von Tumorgewebe von über 120 Krebskranken sowie anhand von Tumorzellen, isoliert aus Patientenproben, konnten wir feststellen, dass Patientinnen und Patienten mit einem niedrigen RINT1-Level länger überleben. Ein Herunterregulieren dieses Proteinlevels verlangsamt das Wachstum des Bauchspeicheldrüsen-Tumors deutlich“, erklärt Heisenberg-Professor Alexander Kleger, Oberarzt an der Universitätsklinik Ulm für Innere Medizin I. Auf der anderen Seite scheint ein hohes RINT1-Level einen schweren Verlauf der Krebserkrankung zu begünstigen.
Doch wie genau hängt der RINT1-Mangel auf Zell-Ebene mit dem Wachstumsstopp von Bauchspeicheldrüsen-Tumoren zusammen? In ihrer jetzt veröffentlichten Forschungsarbeit beschreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass ein niedriges Level dieses Proteins zu massiven Erbgutschäden und erhöhtem zellulären Stress in den Krebszellen führt. „Ganz konkret beeinträchtigt der RINT1-Abbau die so genannte SUMOylierung, eine Protein-Modifikation, die sowohl zur Funktion körpereigener Eiweiße beträgt als auch bei der Erbgut-Reparatur eine wichtige Rolle spielt. Durch diese Beeinträchtigung werden die Tumorzellen letztlich in den Tod getrieben, “ erläutert Erstautor Frank Arnold.
Der krebshemmende Effekt kann ins Gegenteil umschlagen
Dementsprechend könnte die Regulierung des RINT1-Levels und somit die SUMOylierung der Schlüssel zu einem neuen Behandlungsansatz beim duktalen Pankreaskarzinom sein. Bis dahin liegt allerdings noch ein weiter Weg vor den Forschenden. Denn die aktuelle Studie zeigt auch: Krebspatientinnen und -patienten, bei denen RINT1 überhaupt nicht nachweisbar war, haben die kürzeste Lebenserwartung – der Effekt hat sich also umgekehrt. Nun gilt es die Schwelle zu identifizieren, die die positiven, krebshemmenden Auswirkungen eines niedrigen RINT1-Levels ins Gegenteil umschlagen lässt.
Insgesamt konnten die Forschenden aus Medizin und Naturwissenschaften jedoch eindeutig zeigen, dass das RINT1-Proteinlevel mit der Überlebensdauer der Patientinnen und Patienten korreliert.
Die Forschungsarbeiten wurden durch die Deutsche Krebshilfe, sowie über das DFG-Graduiertenkolleg Heterogeneity and Evolution in Solid Tumours (HEIST) der Ulmer Universitätsmedizin gefördert.
Originalpublikation: Cancer Research
Quelle: Universität Ulm